Hamburg. Ein neuer „Asterix“-Band ist nicht allzu weit von dem gar nicht neuen Gefühl entfernt, der späten Angela Merkel beim routinierten Regieren zuzusehen. Die Zutaten sind hier wie dort bekannt, das Personal und seine Macken ist seit vielen Jahren gelernt, die grundsätzliche Überraschungsquote im Handlungsbereich ist überschaubar. Doch für die Fans des gewieften Kleinen und des gemütlichen Großen ist der heutige Tag mindestens Weihnachten, Ostern und Gedenktag der siegreichen Schlacht von Gergovia zugleich: Band 37 ist da.
Der erste Band seit „Der Papyrus des Cäsar“ 2015. Der 37. Band seit der Premiere anno 1959, ganz kurz nach dem Ende des Römischen Reichs erschienen. Die Startauflage von „Asterix der Gallier“ betrug lächerliche 6000 Stück, der Bundeskanzler hieß Konrad Adenauer. Seitdem wurden rund um den Globus 370 Millionen Bände verkauft, dazu kamen 13 Verfilmungen, und jeder der vier schlimmen Real-Filme mit Gérard Depardieu als Hinkelstein-Haudrauf Obelix war schlimmer als der andere.
Startblock ist Idee eines vertrottelten Senators
„Asterix in Italien“, die frische Portion des weltweit meistverkauften Comics, wird von heute an auch in den gesamtgotischen Spartenmarkt gedrückt. Wer partout möchte, kann sich eines der 399 „Art Book“-Exemplare mit reichlich Bonusmaterial und einem Dutzend Drucken für amtliche 199 Euro zulegen, weil man womöglich in einem Sammler-Alter angekommen ist, in dem man sich so etwas gern gönnt und der erlesene Retro-Charme der kartonierten Ausgabe Teil des Lesegenusses ist. Ein signiertes Original-Cover von „Asterix Tour de France“ (1964) wurde gerade in Paris für 1,4 Millionen Euro versteigert, das Siebenfache des erwarteten Erlöses.
Auch dieses Mal gelten unbeugsame Regeln für den Umgang mit den unbeugsamen Galliern, die ändern sich nicht. Auch und erst recht nicht, weil die Helden-Väter, der Autor René Goscinny (1977 gestorben) und der Zeichner Albert Uderzo (90 und selbst verrentet), längst durch Jüngere abgelöst wurden, um tunlichst keine Experimente mit dem Markenkern zu wagen. Bei ihrem dritten gemeinsamen Band wollten Texter Jean-Yves Ferri und Zeichner Didier Conrad sehr auf Nummer sicher gehen. Die neue Geschichte gibt ihnen die Möglichkeit, sich großzügig im Figuren- und Pointen-Fundus ihrer Saga zu bedienen.
Startblock ist die Idee eines vertrottelten Ressort-Senators, den vielen Stämmen Europas die wegweisende Qualität des römischen Straßenwesens mit einem Vielvölker-Wagenrennen einmal den italienischen Stiefel hinab zu beweisen, von Modicia (Monza) bis Neapolis (Neapel). Prügeln während der Tour ist verboten, bei Doping mit Wildschweinen oder anderen Naturdrogen sind die Kontrollen deutlich laxer. Also machen auch Asterix – diesmal nur Beifahrer in der Handlung – und Obelix sich auf den Weg, um es den Römern zur Abwechslung mal im eigenen Imperium zu zeigen. Ihr Gegenspieler ist ein gewisser „Caligarius“, lange unter einer goldenen Maske verborgen, der für Cäsar die sprichwörtlichen Lorbeeren aus dem Feuer holen soll. Denn natürlich ist das Rennen nicht nur ein Rennen, sondern auch ein Prestige-Politikum.
Bis die Ziellinie erreicht ist, hinter der ein Wildschwein-Festmahl mit gefesseltem Troubadix und müffelndem Fisch das vorläufige Ende bedeutet, passiert in etwa das hier: Legionäre werden, BONG!, verdroschen. Die Briten haben, as usual, die lustigsten Übersetzungen abbekommen: „Gute Graziöse. Ich sage, in Italien die Leute reden viel mit den Händen.“ Die Normannen vertragen diese viele Zivilisation nicht. Die Goten sprechen Fraktur. Ein öliger Industriemagnat hat Ähnlichkeit mit Berlusconi, ein fideler Wirt mit Pavarotti. Ganz nebenbei kümmert sich Obelix um das Problem mit dem Vesuv und erfindet – als Fremder auf der Durchreise! – das Pizza-Grundrezept. Auf jeder Etappe des Transcaliga-Rennens wird brav Regionaltourismuspflege betrieben: Mona Lisa ist dabei, in Pisa steht ein schiefer Turm. Und den Verlierern verspricht die Werbung „zahlreiche Trostsklaven“.
„Asterix in Italien“ Egmont Comic Collection, 48 Seiten, 6,90 Euro. Gebundene Ausgabe
12 Euro. www.asterix.de und www.ehapa.de
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Kultur & Live