Volker Albers
Als die erfolgreiche Thrillerautorin Luna Moor in jenes Haus zurückkehrt, in dem sie als Jugendliche ihre schlimmsten Stunden erlebt hat, ahnt sie nicht, dass sie dort ein noch größerer Schrecken erwartet. Die junge Frau will sich in dem abseits gelegenen Haus all ihre Qual und ihre Misshandlungen von der Seele schreiben – und hofft, so ihren Peiniger von damals endlich überführen zu können. Der in Berlin lebende Autor Max Bentow erzählt in seinem Psychothriller „Das Porzellanmädchen“ (Goldmann, 15 Euro) eine komplexe Geschichte um Schuld und Rache, um Wahn und Verlust, deren Setting ein wenig an Melanie Raabes Debütroman „Die Falle“ erinnert. Das versteckt gelegene, baufällige Haus im Wald bietet dafür eine perfekte Kulisse – wobei Max Bentow die Grenze zur Horrorgeschichte in einigen Passagen spielerisch überschreitet: Eine Puppe aus Porzellan mit zwei verschiedenfarbigen Augen spielt dabei keine ganz unwesentliche Rolle. Bentows „Porzellanmädchen“ ist spannend, ausgestattet mit einer gut durchdachten Dramaturgie – und einem allerdings etwas skurrilen Finale. Was bei Psychothrillern leider nicht eben selten der Fall ist.
Der Hamburger Autor Daniel Bielenstein hat unter dem Pseudonym Henrik Siebold mit „Inspektor Takeda und der leise Tod“ (Aufbau, 352 Seiten, 9,99 Euro) jüngst seinen zweiten Kriminalroman herausgebracht. Takeda, eigentlich Inspektor bei der Mordkommission in Tokio, hospitiert bei der Hamburger Polizei – die deutsche Gründlichkeit fasziniert den Asiaten. Bekam er es in „Die Toten von Altona“ mit einer mörderischen Spielart der Gentrifizierung zu tun, so geht es im aktuellen Fall um den Tod eines Kleinkindes und den Mord an einem Internet-Guru. Dass Takeda, der nachts gern auf dunklen Plätzen Saxofon spielt, dabei ein Verhältnis mit der Hauptverdächtigen anfängt, macht die Ermittlungen für ihn und vor allem für seine Kollegin Claudia nicht zwingend einfacher. Siebold, der während seiner Kindheit viele Jahre in Japan verbracht hat, erzählt eine Geschichte mit viel Hamburg-Ambiente – und jongliert dabei unterhaltsam mit deutsch-japanischen Klischees.
Sven Heuchert hat sein Krimidebüt „Dunkels Gesetz“ (Ullstein, 188 Seiten, 14,99 Euro) mitten hinein in die rheinländische Provinz nahe der belgischen Grenze gestellt. Er lässt seine humorlose, harte Geschichte in einem Ort namens Altglück spielen – selten war ein Name treffender, denn das Glück hat sich aus diesem traurigen Kaff schon lange verabschiedet, falls es überhaupt jemals dort beheimatet gewesen sein sollte. Es geht um Drogen und letzte Träume, um kleine Leute, die einmal groß sein möchten – wie Achim, ein Tankstellenbesitzer, der seiner Geliebten und seiner Tochter mit schmutzigen Geschäften ein sauberes Leben bescheren will. Achim ist ein Fantast, und, was viel schlimmer ist – er ist ein Amateur. Denn in seinen ganzen hoffnungsschwangeren Überlegungen hat er die Rechnung ohne Richard Dunkel gemacht, der als Sicherheitsbeauftragter einer Chemiefirma arbeitet. Und mit Dunkel ist nicht gut Kirschen essen, vor allem dann, wenn Gesetze gebrochen werden. Ein schnörkelloses Debüt, das neugierig macht auf das, was von Sven Heuchert in Zukunft noch kommen mag.
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