Hamburg

Der Trompeten-Weltstar aus Hamburg

| Lesedauer: 6 Minuten
Verena Fischer-Zernin

Von Bach bis „Jingle Bells“: Matthias Höfs kommt mit German Brass am 28. November in den Michel

Hamburg. Auf den ersten Blick scheint die Trompete nicht zu Matthias Höfs zu passen. Hier das Instrument, goldglänzend und majestätisch im Klang, und dort ein Spieler, der nicht entfernt den Eindruck macht, als wäre ihm an Glamour gelegen oder gar daran, sich nach vorne zu drängen.

Ein Novembernachmittag in Wandsbek. Höfs unterrichtet zu Hause. „Üb das mal mit Metronom“, sagt er zu seinem Schüler, hebt die Trompete an die Lippen und legt mit warm leuchtendem Ton mal eben eine Reihe rasanter Staccatonoten hin. Und spricht weiter in einem Tonfall, der so gemütlich wirkt wie das Äußere dieses Mannes. Als wäre nichts dabei, dass er eben eine Kostprobe einer spieltechnischen Perfektion gegeben hat, um die ihn so gut wie jeder Trompeter auf der Welt beneiden dürfte. „Wenn du ohne Metronom übst, läufst du Gefahr, ein für dich bequemes Tempo zu wählen. Zieh die Daumenschrauben allmählich an.“

Der Schüler ist selbst ein gestandener Trompeter. Oliver Christian spielt als Akademist beim Philharmonischen Staatsorchester und studiert im 7. Semester bei Höfs an der Hamburger Musikhochschule. Zu Höfs’ Klasse zu gehören, ist auch in Zeiten drastischer Einsparungen in der deutschen Musik- landschaft so gut wie ein Freifahrtschein für eine attraktive Stelle; kaum ein großes Orchester, in dem nicht einer von Höfs’ Schülern säße. Höfs selbst ist aber nicht nur Professor, er ist zuallererst Interpret. „Es ist schön für mich, mittendrin zu sein“, sagt er. „Die Euphorie, die ich selber beim Spielen habe, kann ich ganz anders weitergeben, als wenn meine aktive Zeit ewig her wäre.“

Seine Orchesterstelle hat er 2000 aufgegeben. Er gibt regelmäßig Solokonzerte in Russland, Japan und China, wird von den berühmtesten Orchestern der Welt eingeladen und bringt eine CD nach der anderen heraus. Demnächst ehrt er den Jubilar des Jahres 2017, Georg Philipp Telemann, in diesem Jahr erschienen „Mozart con Tromba“ und, mit seinem Ensemble German Brass, „Bach on Brass“.

Im Oktober hat die Gruppe dafür einen Echo Klassik in der Kategorie Ensemble/Orchester bekommen. Am 28. November nun beginnen die zehn Herren ihre vorweihnachtliche Deutschlandtournee im Michel. Das Programm ist saisongerecht bestückt mit Musik von Bach, Händel und Telemann, aber auch Weihnachtsschlagern wie „White Christmas“ und „Jingle Bells“.

Höfs hat keine Berührungsangst, was derlei bunte Zusammenstellungen angeht. „Da ist für jeden etwas dabei. Unser Anspruch ist: keine musikalischen Kompromisse“, sagt er, seinen Studenten hat er mittlerweile verabschiedet. Für den hohen Standard steht er selbst ein, er ist nicht nur erster Trompeter und Spiritus rector der Gruppe, sondern auch Arrangeur vom Dienst. „Es ist wichtig zu wissen, was für unsere Instrumente sinnvoll ist.“

Unfehlbare Qualität ist Voraussetzung bei allem, was Höfs anfängt, das bedarf eigentlich keiner Erwähnung. Umso ausführlicher schwärmt er vom Musizieren, ganz besonders mit German Brass. „Wir machen das, weil Kammermusik unsere Berufung ist, und nicht wegen des Geldes“, sagt er. „So was macht man nur über Jahrzehnte hinweg, wenn es richtig Spaß macht. Wir fahren manchmal Nächte durch, damit einer wieder rechtzeitig beim Operndienst ist.“ Im Hauptberuf sitzen die Künstler nämlich in den wichtigen Orchestern der Republik oder sind Professoren wie Höfs.

Die Begeisterung, ja Dankbarkeit, die aus Höfs’ Worten spricht, sind für einen Berufsmusiker nicht selbstverständlich. Dabei schaut er auf eine längere Karriere zurück, als es die meisten seiner Blechbläserkollegen mit 51 Jahren können. Schon mit sechs Jahren entflammte er für die Trompete – „weil sie so schön glänzte“. Doch während heutige Kieferorthopäden besorgten Eltern raten, bis nach dem Zahnwechsel mit dem Lernen eines Blasinstruments abzuwarten, fing Höfs einfach an: Sein Vater brachte ihn zu einem Blasorchester in der Nähe seines Heimatorts Stockelsdorf bei Lübeck. Unterricht? Wozu? Der Steppke war einfach dabei, als eine Art Maskottchen. Bei Auftritten durfte er immer mal ein paar Töne solo spielen.

Als er elf Jahre alt war, wurde ein Trompetenstudent auf ihn aufmerksam, der mit dem Orchester probte, und stellte den Jungen seinem Professor Peter Kallensee an der Lübecker Musikhochschule vor. Der nahm ihn kurzerhand in die Vorschulabteilung der Hochschule auf. Und mit 18 Jahren, von der Schule war Höfs längst abgegangen, wurde er Solotrompeter beim Philharmonischen Staatsorchester. Er blieb 16 Jahre lang.

Was muss einer für einen solchen Werdegang mitbringen? Muskelkraft, ein gewisses Lungenvolumen und gerade Zähne helfen natürlich. Aber mit dem alten Vorurteil, nur Männer mit Stiernacken und Plauze seien als Blechbläser geeignet, räumt Höfs gleich auf. „Man braucht ein gutes Körpergefühl. Das ist wie bei Sängern. Man muss sehr filigran spüren, welche Spannung brauche ich etwa für ein hohes C in einer bestimmten Dynamik? So etwas kann man nicht über den Spiegel kontrollieren.“

Ohnehin hat die Trompete in den letzten Jahrzehnten einen Imagewandel durchgemacht, weg vom akustischen Kriegsgerät und hin zu einem ausdrucksvollen, in Lautstärke wie Timbre fein nuancierten Spiel.

„Trompeter in aller Welt haben durch Matthias’ Aufnahmen eine neue, leichte und trotzdem kraftvolle Spielart kennen- und schätzen gelernt“, sagt Höfs’ ehemaliger Schüler Johannes Bartmann, Solotrompeter bei den Symphonikern Hamburg. „Uns Studenten hat er diese Spielart vermittelt, indem er sie uns immer wieder vorgemacht hat.“ Große Geduld und Freundlichkeit – für eine Weltkarriere wie die von Matthias Höfs sind das eher ungewöhnliche Zutaten.

German Brass Mo 28.11., 20.00, Hauptkirche St. Michaelis, Karten ab 41,70 in der Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32 und unter der Ticket-Hotline: T. 30 30 98 98; www.matthiashoefs.de