Hamburg

Entführung in fantastische digitale Welten

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Barbara Schmidt-Rohr zeigt die Performance „Eyes Wide Open“ auf Kampnagel

Hamburg. Beim Internationalen Sommerfestival 2014 hatte die Hamburger Kuratorin und Choreografin Barbara Schmidt-Rohr bereits mit „The Bee Treasure“ Erwachsene in rituelle Performancewelten von Kindern entführt. In „Eyes Wide Open“ dreht sie jetzt auf Kampnagel die Versuchsanordnung noch eine Umdrehung weiter.

Elektronische Musik raunt beunruhigend. Eine düstere postapokalyptische Welt empfängt den Besucher mit Laborstationen, in denen es dampft, Rohren, die ins Nirgendwo führen und gezimmerten Verschlägen, die der Künstler Jörg Rode installiert hat. Die vier Mädchen und fünf Jungen, eben noch Kinder, fast schon Jugendliche, reden ernstes Kauderwelsch. Bald versiegt die Sprache ganz. Die Bilder dominieren, dabei haben auch sie keine Zukunft in diesem laut Ankündigung „postdigitalen Zeitalter“. Wie schon in „The Bee Treasure“ übernehmen die jungen Performer die Kontrolle. Reichen Steine an die Erwachsenen weiter, geleiten sie zu Bänken, streichen ihnen über die Köpfe. Unaufgeregt agieren sie in ihrer zerstörten Welt. Mal hält einer ein Kaninchen vor die Zuschauer, mal tanzt einer expressiv mit langer Kunsthaarperücke.

Die Szenen bleiben für sich genommen recht einfach, ergeben jedoch im Verbund eine eindringliche, sinnliche, dabei in sich abgeschlossene Traumwelt. Eine Welt, in der die Kinder sich an frühere Bilder und Helden erinnern. Schließlich führen sie einen Zusammenschnitt auf verteilten Tablets vor. Walt Disneys „Bambi“-Film entgleist darin in muntere Selbstexperimente und animierte Gesangs- und Spielilme. Und bald treten ihre Helden noch einmal leibhaftig auf, in Gestalt der in tolle futuristische Glitzerkostüme gewandeten Tänzer (Isaac Spencer und Ana-Laura Lozza), die sich wie animierte Computerwesen bewegen.

„Eyes Wide Open“ ist eine faszinierende Performance über den Zeitenwandel und das Angst auslösende Zusammenbrechen von Welten und Gewissheiten. Sie erzählt aber auch von der Utopie einer Gemeinschaft, die das Überleben sichert.

„Eyes Wide Open“ Fr 13.5., 19.00, Sa 14.5., 20.00, Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten 12,-/erm. 8,- unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de

( asti )