Hamburg

Schauspielerpaar Ehnert kritisiert in einem offenen Brief den NDR

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Stefan Reckziegel

Konflikt um TV-Aufzeichnung des Programms „Zweikampfhasen“

Hamburg. Alle Wege führen nach Rom. Normalerweise. Für Michael Ehnert führte er in dieser Woche zum Hugh-Greene-Weg. Am dortigen Empfang des NDR in Lokstedt gab er seinen zweiseitigen Brief auch persönlich ab. Es war ein offener Brief, den er parallel per Mail-Verteiler und Facebook verbreitet hatte. Der eigentliche Adressat war NDR-Intendant Lutz Marmor.

Ehnert, mit dem Prix Pantheon, dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet und seit 25 Jahren Kabarettist sowie Autor, Schauspieler und Regisseur, wählte diesen ungewöhnlichen Weg, weil ihm und seiner ebenfalls als Schauspielerin tätigen Frau Jennifer grundsätzlich etwas stinkt: Für eine am 30. Januar im Stadttheater Elmshorn geplante und inzwischen geplatzte NDR-Aufzeichnung ihres aktuellen Duo-Programms „Zweikampfhasen“ sollten beide nach eigener Aussage keinerlei Gage erhalten, null Euro. Die dafür zuständige NDR-Redaktion Planung, Entwicklung und Innovation, die seit 2001 existiert, habe das die Ehnerts erst wissen lassen, als die Planungen weit fortgeschritten waren.

Das bestreitet der NDR und spricht von „Missverständnissen“. Jan Schulte-Kellinghaus, Programmbereichsleiter NDR Fernsehen und Koordination, teilte dazu auf Abendblatt-Anfrage mit: „Entgegen der Behauptung von Herrn und Frau Ehnert gab es kein Lizenzangebot der Redaktion über null Euro. Es ist nicht Politik des NDR, grundsätzlich keine Lizenzgebühren zu zahlen. Die geforderte Summe wurde aber im Rahmen dieser Aufzeichnung von uns als überhöht eingeschätzt.“

Sie lag laut Ehnert „bei einem niedrigen fünfstelligen Betrag“. Und genau auf jenem Niveau wie in den Jahren 1999 bis 2012, als Ehnert im Verbund mit seinem Kollegen Kristian Bader (Bader-Ehnert-Kommando), als Regisseur und mit seinen drei Soloprogrammen sieben Kooperationen mit dem NDR geschlossen hatte. Auch bei der Aufzeichnung von „Küss langsam“, des ersten gemeinsamen Duo-Programms der Ehnerts, für 3sat 2014 in Mainz floss ein Honorar in jener Höhe. Laut Ehnert scheint es aber immer mehr Usus zu sein, dass der NDR bei ihm regelmäßig präsente (Klein-)Künstler mit ihren Programmen ohne Gage aufzeichnen lassen möchte. Einen „Werbeeffekt“, neudeutsch auch „Medialeistung“ genannt, empfinden die Ehnerts – wenn überhaupt – für beide Seiten. Dieser „Werbeeffekt“ ersetze nicht ein „ernst zu nehmendes Honorar“, schreiben sie. „Man käme beim NDR ja auch nicht auf die aberwitzige Idee, Til Schweiger zu fragen, ob er unentgeltlich einen ,Tatort‘-Kommissar spielen möchte, um damit in Zukunft seine Kinofilme besser bewerben zu können.“

Die Ehnerts sehen in ihren jüngsten Erfahrungen nicht bloß „eine einzelne missglückte Kooperation im redaktionellen NDR-Tagesgeschäft, sondern gängige Praxis in einer Vielzahl von Fällen“. Michael Ehnert stellt klar: „Wir haben die Form des offenen Briefes nicht gewählt, um die Gage hochzutreiben.“ NDR-Programmbereichsleiter Schulte-Kellinghaus teilte mit: „Einer möglichen Zusammenarbeit mit Herrn Ehnert steht das NDR Fernsehen weiter offen gegenüber.“

( str )