Hamburg

Wenn der gute Onkel auf dem Klavier erzählt

Perfekt ausbalanciert: das Recital des Pianisten Leif Ove Andsnes in der Laeiszhalle

Hamburg.  Auf dem Cover einer seiner CDs sieht man Leif Ove Andsnes angetan mit einem Norweger-Pulli in einer rustikalen Holzhütte sitzen und versonnen aus dem Fenster blicken; Typ in sich ruhender Naturbursche. Bei seinem Gastspiel am Mittwoch in der Laeiszhalle trug der Pianist nun zwar brav schwarzen Anzug und Schlips, doch der Eindruck blieb derselbe. Andsnes’ Tugenden bilden ein selten harmonisches Ensemble, keine sticht die andere aus, keine ragt heraus: Souveräne Technik, glasklare musikalische Intelligenz und feine Sensibilität halten sich perfekt die Waage.

Exaltation darf man von Andsnes kaum erwarten. Er ist keiner, der sich unbedingt selbst ausdrücken will, sondern einer, der vor allem die Noten zum Sprechen bringt. Man hört ihm zu, wie man einem sehr guten Geschichtenerzähler lauscht – und vermisst allenfalls noch ein prasselndes Kaminfeuer. Das kleinteilige Programm, das Andsnes zusammengestellt hatte, ließ einen beim Lesen zunächst etwas ratlos. Was verbindet die Lyrischen Stücke und Waldszenen von Sibelius, Beethovens Es-Dur-Sonate op. 31, Spanienimpressionen und Etüden von Debussy und ein Impromptu, ein Nocturne, eine Etüde und eine Ballade von Chopin? Beim Hören aber wurde schnell klar: All diese Charaktersätze und Genrestücke eint, wenn Onkel Leif Ove sie vorträgt, eine quasi-erzählerische Grundhaltung. Der Dichter spricht.

An Applaus dafür mangelte es nicht, doch das schönste Kompliment für den Pianisten waren wohl die Lacher im Anschluss an Beethovens Scherzo. Andsnes kann auf dem Klavier sogar Witze erzählen.

( ist )