Kampnagel

Musik zwischen Krach und Getöse und reichlich Genie

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Heinrich Oehmsen

Das NDR Sinfonieorchester und die NDR Bigband spielten Zappa & Varèse auf Kampnagel. Es gab auch ein paar Durchhänger.

Hamburg. Es gab viel Musik an diesem Abend bei der Gegenüberstellung von Edgard Varèse (1883–1965) und Frank Zappa (1940–1993). Nach mehr als drei Stunden endete das Konzert des NDR Sinfonieorchesters und der NDR Bigband mit einer schmissigen Version von Zappas „Peaches En Regalia“. Die Zugabe wurde vom Publikum in der ausverkauften Halle k6 auf Kampnagel bejubelt, doch nicht jedes Stück hatte so viel Wucht wie die Nummer vom „Hot Rats“-Album. Es gab auch ein paar Durchhänger.

Mit „Déserts“, 1954 von Varèse komponiert, beginnt der Abend. Der französische Komponist setzt den hellen Klang der Flöten gegen das dumpfe Grummeln von Posaune und Tuba, als Tonband-Einspieler nutzt er Geräusche, die an die Schmerzgrenze gehen. Dirigent Jonathan Stockhammer führt das Orchester mit Verve durch dieses spannende, scheinbar strukturlose Stück, das den Musikern alles abverlangt. Die folgende Zappa-Kompositionen, ursprünglich auf dem Synclavier entwickelt und für das NDR-Orchester von Andrew Digby transkribiert, können diese Spannung nicht halten. Das 20-minütige „Feeding The Monkees At Ma Maison“ ist eine ziemlich langweilige Angelegenheit, die besten Momente gibt es in „Reagan At Bitburg“ und „Put A Motor In Yourself“, in denen sich Zappas Vorliebe für schnelle rhythmische Wechsel zeigt.

Den zweiten Teil des Konzerts mit den beiden experimentierfreudigen Komponisten eröffnet „Donna Lee“. Die NDR Bigband unter der Leitung von Daniel Riegler macht aus Charlie Parkers Bebop-Nummer ein furioses Free-Jazz-Stück, das mit den freien Ensemblepassagen weit über das Original hinausgeht. Besonders fällt US-Gast-Schlagzeuger Gene Calderazzo mit seinem furiosen, lauten Getrommel auf. Auch Charles Mingus’ politische Komposition „Fables Of Faubus“ und die von Riegler erweiterten Improvisationsnotizen von Varèse zeigen die Bigband in Hochform, doch das abschließende Zappa-Medley fällt durch zu viele Soli auseinander. Nur bei „Let’s Make The Water Turn Black“ und im ersten Teil von „Brown Shoes Don’t Make It“ ist der unbändige Spaß zu spüren, der den visionären Klängen innewohnt. Doch fehlt den Arrangements ein wichtiges Element von Zappas Musik: Wahnsinn.

( oeh )