Die “Agentur des Rauhen Hauses“ war die größte evangelische Buchhandlung Norddeutschlands und Treffpunkt der Hamburger Nazi-Gegner.

Die von Johannes Paul Meyer geleitete "Agentur des Rauhen Hauses" am Jungfernstieg 50 war die größte evangelische Buchhandlung Norddeutschlands und einer der wichtigsten Treffpunkte der Hamburger Nazi-Gegner. Hier und in der von Felix Jud geführten "Hamburger Bücherstube" in den Colonnaden trafen sich mit Hans Leipelt, Heinz Kucharski, Margaretha Rothe, Albert Suhr und Jürgen Bierich die aktivsten Nazi-Gegner, denen es nicht nur um Diskussionen, sondern auch um Aktionen ging. "Die Abende in der Agentur des Rauhen Hauses hatten schon fast den Charakter einer sich organisierenden Gemeinschaft. Man traf sich hier im größeren Kreise, laufend kamen neue, ebenfalls oppositionell gestimmte Menschen hinzu und beinahe systematisch wurden hier auf hohem Niveau alle uns junge Menschen bewegenden Fragen diskutiert", erinnerte sich Heinz Kucharski später. Vor allem nachdem in München die Protagonisten der Weißen Rose verhaftet worden waren, sprachen sich viele Mitglieder der Runde für direkte Aktionen aus.

Reinhold Meyer (1920-1944)

Der Sohn des Buchhändlers Johannes P. Meyer trat 1942 als Juniorchef in die elterliche Buchhandlung ein. Parallel dazu studierte er Germanistik. Meyer war mit Albert Suhr befreundet, unterhielt aber auch Kontakte zu Künstlern, Studenten und Wissenschaftlern, die die Nazi-Herrschaft ablehnten. Er sorgte dafür, dass sich dieser Kreis regelmäßig in der Buchhandlung treffen konnte. Meyer, der einer der zentralen Akteure der Widerstandsszene war, wurde nach einer Denunziation verhaftet. Er starb am 12. November 1944 in KZ-Haft an den Haftfolgen. Seine Schwester Anneliese Tuchel führte die Buchhandlung bis 1998 weiter.

Felix Jud (1899-1985)

1923 eröffnete Felix Jud in den Colonnaden eine Buchhandlung, die zu den wichtigsten Treffpunkten der Hamburger NS-Gegner gehörte. Jud beschaffte und verkaufte verbotene Literatur und machte diejenigen, die sich bei ihm verbotene Bücher besorgten, miteinander bekannt. 1943 wurde er verhaftet. Noch am 19. April 1945 eröffnete der Volksgerichtshof in Hamburg gegen ihn die Hauptverhandlung. Jud wurde einige Tage später von englischen Truppen in Hamburg befreit. 1948 verlegte er die Buchhandlung in die Mellin-Passage, wo sie heute noch unter dem Namen Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co. besteht. Er starb 1985 in Hamburg.