Nach den blamablen Pleiten gegen Costa Rica müssen Italien und Uruguay um das Achtelfinale bangen. Fest steht: Einer der beiden Ex-Weltmeister muss nach Hause fahren.

Natal. Jetzt zittert auch Italien vor Uruguays „Tormaschine“ Luis Suárez und dem drohenden WM-Aus. Mindestens einen Punkt brauchen Andrea Pirlo und Co. im Duell des viermaligen Weltmeisters mit dem zweimaligen Champion aus Südamerika. „Wir müssen eine großartige Partie spielen. Wir brauchen ein heißes Herz und einen kühlen Kopf“, forderte Kapitän Gianluigi Buffon vor dem brisanten Alles-oder-Nichts-Spiel am Dienstag (18 Uhr /ZDF) in Natal. „Es ist das wichtigste Spiel meines Lebens“, gab Trainer Cesare Prandelli zu. „Es ist mit keiner anderen Partie vergleichbar.“

Die Südamerikaner hingegen, vor vier Jahren noch stolze WM-Vierte, müssen gewinnen. Sonst ist für die England-Bezwinger nach der Vorrunde Schluss. Eine Ausgangslage, die den Uruguayern gerade recht kommt. „Diese Mannschaft hat schon oft bewiesen, dass sie unter Druck die richtigen Antworten findet. Es wird ein schweres Spiel, aber es ist machbar für uns“, prophezeite Trainer Óscar Tabárez.

Vor allem wird es ein Spiel wie maßgeschneidert für Superstürmer Suárez und dessen kongenialen Angriffspartner Edinson Cavani, der Italien so gut kennt wie kaum ein anderer. „Das Knie fühlt sich gut an. Ich bin in perfekter Form“, kündigte Suárez knapp fünf Wochen nach seiner OP an. „Ich sehe keine zwei anderen Spieler wie diese beiden in einem anderen Team“, gab Prandelli vor Beginn des Turniers zu. „Wir müssen versuchen, ihnen so wenige Chancen wie möglich zu geben.“

Auch die „Gazzetta dello Sport“ suchte bereits eifrig nach Gegenmitteln. „Das Problem Nummer eins: Wie soll man sie stoppen?“, fragte das Blatt. „Der Pistolero ist eine Tormaschine, der Matador der formstärkste Spieler Uruguays.“ Auch Uruguays Coach Tabárez betonte: „Luis ist sehr wichtig für uns. Er weiß, was er vor dem Tor machen muss.“

Nachdem sich in den Partien zuvor beide Teams gegen den bereits fürs Achtelfinale qualifizierten Außenseiter Costa Rica kräftig blamierten, müssen sie bis zur letzten Sekunde ums Weiterkommen bangen. Für die stolzen Italiener wäre es nach 2010 schon der zweite WM-Vorrunden-K.o. nacheinander – das gab es zuletzt vor mehr als 40 Jahren: 1962 und 1966. „Es ist vergleichbar mit einem Halbfinale oder Finale“, urteilte Andrea Pirlo.

Neben der lähmenden Angst vor dem Aus wird Italien zudem durch die Blessur von Mittelfeldspieler Daniele De Rossi gebremst, der mit einer Wadenverletzung passen muss. Im dritten WM-Spiel läuft die Squadra Azzurra daher mit der dritten neuen Aufstellung auf. Erstmals darf neben Mario Balotelli im Angriff wohl auch BVB-Neuzugang Ciro Immobile spielen. „Bring Ciro!“, hatte „Tuttosport“ zuletzt vehement gefordert. „Gegen Uruguay geht es um die WM, es wäre absurd, auf seine Tore zu verzichten.“

Prandelli lobte den 24-Jährigen: „Er ist ein moderner Angreifer, der in die Tiefe gehen kann, der im Strafraum einen Torriecher hat.“ Den Azzurri steckt allerdings noch die bittere 0:1-Pleite gegen Costa Rica in den Knochen. Uruguay und vor allem Doppel-Torschütze Suárez gehen hingegen nach dem 2:1 gegen England mit viel Selbstbewusstsein ins Spiel. „Das macht die Situation natürlich schwieriger“, kommentierte Buffon. „Wir kommen von einer bitteren Niederlage, sie von einem Sieg, der ihnen Überzeugung und Moral gegeben hat.“

Und die Südamerikaner wähnen einen weiteren Vorteil auf ihrer Seite: Zwölf Spieler und Coach Tabárez kennen die italienische Serie A aus eigener Erfahrung. Die Zeitung „Ovación“ titelte bereits: „Italien kämpft gegen 13 Rebellen.“ Vor allem Cavani, der sechs Jahre in Italien spielte und 2013 mit 29 Treffern Torschützenkönig wurde, dürfte Buffon und Co. noch bestens in Erinnerung sein.

Doch Druck vor den letzten Gruppenspielen ist für Italien ohnehin nichts Neues. „Schon bei der Auslosung haben wir gewusst, dass es in der dritten Partie um die Qualifikation gehen wird“, sagte Prandelli. Und der erfahrenste Spieler Buffon erklärte mit einem Schmunzeln: „Das ist mein zehntes großes Turnier mit Italien, nur einmal waren wir vor dem letzten Gruppenspiel qualifiziert.“