Die Bestseller-Verfilmung „Fifty Shades Of Grey“ läuft in den Kinos - doch Sex auf der Leinwand gab es schon vorher. Die besten Szenen? Abendblatt-Redakteure erinnern sich.

Achtung, Engpass! Wenn die „Fifty Shades Of Grey“-Verfilmung nach mehr als einem Jahr medialer Anheizphase nun endlich in die Kinos kommt, dürften Klebeband und Kabelbinder zum Renner in den Baumärkten werden. Eine britische Handelskette hat jedenfalls vorgesorgt und seinen Mitarbeitern Exemplare der 70 Millionen Mal verkauften Sadomaso-Trilogie von E. L. James zur Verfügung gestellt. Zwecks Vorbereitung auf den Ansturm derer, die im heimischen Schlafzimmer (oder Keller) nachspielen möchten, womit sich Studentin Anastasia Steele (Dakota Johnson) und Milliardär Christian Grey (Jamie Dornan) zwei Filmstunden lang vergnügen. Klebeband und Kabelbinder sind natürlich nur ein erster Schritt. Für alle, bei denen es gründlicher zur Sache gehen soll, bietet die Firma Lovehoney weniger alltägliche Accessoires, etwa Spreizstangen, Riemenpeitschen oder Penisringe mit Vibrationsfunktion – sämtlich aus der offiziellen „Fifty Shades“-Kollektion.

Auch wenn das Interesse gerade besonders groß ist und der Kinokarten-Vorverkauf Rekordhöhen erreicht hat, Sex ging schon immer gut. Sehr gut sogar. Wer erinnert sich nicht an Meg Ryans vorgetäuschten Orgasmus in „Harry & Sally“ oder Sharon Stones Eispickelliebe in „Basic Instinct“? Kassenschlager – nicht nur, aber auch deshalb.

Doch es gibt noch unzählige andere heiße „Stellen“ in Kinofilmen und Fernsehserien, die uns in Erinnerung geblieben sind. Szenen, bei denen es nicht immer um „das eine“ geht, sondern auch mal um den Weg dorthin, der bisweilen kaum weniger aufregend ist. Eine ganz persönliche Auswahl.

Erste Schritte

Tja, es war eine andere Zeit. Als „Dirty Dancing“ 1987 in die Kinos kam, war das für Zwölfjährige in den vergleichsweise behüteten Walddörfern tatsächlich noch ein Grund zur heftigen Auseinandersetzung mit den Erziehungsberechtigten. Mit Tränen! Aber alle dürfen „Dirty Dancing“ sehen! Alle?! Wenn alle von der Brücke springen...und so weiter, das volle Programm. Aus heutiger Sicht fast rührend – im Internet ist schließlich längst alles für alle (ja, alle!) verfügbar, die Abgeklärtheit auf Schulhöfen hat wahrscheinlich auch die Walddörfer erreicht. Damals aber vermittelte das schwülstige Beckenkreisen eine Ahnung von Erotik, war die zärtliche und gleichzeitig unsichere Liebesszene zwischen Baby und Johnny (Patrick Swayze ohne Hemd!) zu „Cry to me“ von Solomon Burke bestimmt kitschig, aber eben auch genau das, was man mit beginnender Pubertät sehen (weil im Grund natürlich: selbst erleben) wollte. Dirty Dancing war der erste Film, den wir alle (alle Mädchen! Und alle Jungs, die schlau genug waren, genau darin ihre Chance zu erkennen) immer und immer wieder geguckt haben. Nicht auf YouTube. Sondern im Kino. (Maike Schiller)

Heimlichkeiten

Ist das der Traum jeder verheirateten Frau ab Mitte 30? Einen attraktiven jungen Franzosen mit Wuschelhaaren und Interesse an Büchern zu treffen, der rangeht und ihr zeigt, dass er sie will? Sicherlich traf Adrian Lyne 2002 mit „Untreu“ auf die heimlichen Sehnsüchte vieler Zuschauerinnen, als er Diane Lane und Olivier Martinez im stürmischen New York eine leidenschaftliche Affäre beginnen ließ. Claude Chabrols Vorlage „Die untreue Frau“ zeigte 1969 einen Thriller aus dem zerbrechenden bürgerlichen Milieu. Lyne, Experte für Erotisches („9 1/2 Wochen“, „Eine verhängnisvolle Affäre“) lud „Untreu“ mit flirrenden Sexszenen auf. Lane ist mit dem attraktiven Richard Gere nicht unglücklich verheiratet, aber dem unbekümmerten Franzosen Paul und seinem deutlichen erotischen Interesse gibt sie heftig nach. Wie schön ist der Verlust der Selbstkontrolle, wenn die beiden nachmittags in Pauls Wohnung, in einem Kino oder auf der Toilette eines Cafés, das Connie mit Freundinnen besucht, Sex haben können. Wir ahnen: Das Ganze geht nicht gut aus. (Armgard Seegers)

Große Augen

Es gab eine Zeit, da liefen Sexfilme ganz normal im Kino. Die Zeitungen, auch das Abendblatt übrigens, druckten sogar Rezensionen. Das muss ein Spaß gewesen sein als Kinoredakteur. In diese längst vergangene Ära entführte 1997 Paul Thomas Andersons Sittengemälde „Boogie Nights“ über die US-Pornobranche in ihrer großen Pionierphase in den 70er-Jahren. Zwar bemängelten einige Kritiker den eher persiflierenden Ansatz von Anderson, das fantastische Darstelleraufgebot und ein großartiger Soundtrack waren aber ein Genuss. Und dann ist da die Stelle, in der Julianne Moore alias „Amber Waves“ ihre bernsteinroten Haare entfaltet, um sich mit Porno-Anfänger Mark „Dirk Diggler“ Wahlberg auf dem Schreibtisch zu vergnügen. Das ist zwar nicht wirklich heiß und schon gar nicht explizit, aber beim Schwenk auf Regisseur Burt Reynolds und seine Filmcrew, die angesichts der Action vor ihnen immer größere Augen machen, wird klar: Die heißesten Erotikszenen finden im Kopf statt. Ich öffne jetzt mal ein Fenster ... (Tino Lange)

Nur gespielt?

Julie Christie und Donald Sutherland wissen es wahrscheinlich schon selbst nicht mehr, wie oft sie dementiert haben, dass die intimen Szenen in „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ doch mehr sein könnten als Schauspielerhandwerk. Der Film erzählt von einem Ehepaar, das mit dem Tod seiner kleinen Tochter fertig werden muss. Auch Regisseur Nicolas Roeg, der den Thriller nach einer Geschichte von Daphne Du Maurier vor 42 Jahren drehte, sagte: „Da war nichts.“ Dieses Nichts hat er allerdings äußerst virtuos geschnitten. Der eigentliche Liebesakt, bei dem beide Darsteller sich sehr natürlich geben, ist ausgesprochen effektiv und elegant mit dem Vorspiel und dem Ankleiden danach vermischt. Die Chemie stimmte offenbar zwischen beiden. Als die BBC den Film zum ersten Mal im Fernsehen zeigte, schnitt sie diese berühmte Szene heraus. „Der ganze Film hat nicht mehr funktioniert“, klagte Roeg später. „Die beiden haben die ganze Zeit nur noch gerudert. Es war furchtbar.“ (Volker Behrens)

Jetzt stöhnen!

Roman gibt sich doch solche Mühe mit Lena, der Mittvierzigerin, die so niedliche, naive Fragen stellen kann. Zum Beispiel die: „Darf ich mal deinen Penis sehen?“ Darf sie (und der Zuschauer auch und den prachtvollen Bauch des Schauspielers Ronald Zehrfeld gleich dazu). Nur das mit der Lust scheint sie nicht zu kennen. Was sie denn tun solle? Naja, murmelt er zwischen ihren Beinen, wie es denn mit Stöhnen sei? Oder Seufzen? Oder seinen Namen rufen? Man kann Maria Schrader als Lena dabei zugucken, wie sie langsam begreift. Und dann – klappt’s.

Lenas ganzes bisheriges Leben ist hinter einer großen Amnesie versunken. Ob dieses Phänomen den Film „Vergiss mein Ich“ dramaturgisch trägt, darüber mag man streiten. Aber wie explizit und schnörkellos der Regisseur Jan Schomburg die Bettszene erzählt, bis hin zu Maria Schraders Achselbehaarung, das ist einfach bahnbrechend komisch. Näher kann man dem bundesdeutschen Liebesleben nicht kommen. (Verena Fischer-Zernin)

Im Kofferraum

„Wenn wir uns unter anderen Umständen kennengelernt hätten, was dann wohl passiert wäre?“, fragt er. „Nichts“, antwortet sie, aber da ist es um George Clooney und Jennifer Lopez in „Out of Sight" längst geschehen. Den Umständen geschuldet liegen die beiden – sie ein US-Marschall, er ein Gangster – eng aneinander gepresst im Kofferraum eines Fluchtwagens. Und genießen eine besondere Art des Vorspiels. Viel später werden sie sich in einem Hotelzimmer gegenüberstehen. Sie legt die Ohrringe ab, er das Jackett, sie das Kleid, er das Hemd. Keinen Moment lassen sie sich dabei aus den Augen. Sie wissen, was kommt. Und genau deshalb haben sie es gar nicht eilig. War eigentlich schon klar, als er im Kofferraum wie zufällig seine Hand auf ihren Oberschenkel legte, „auf die nette Art“. Wer sagt denn, dass die wirklich denkwürdigen Momente sich immer auf der Rückbank eines Autos abspielen müssen? (Holger True)

Heiße Körper

Wie gerne hätte man CJ Parker (Pamela Anderson) abgetrocknet oder wenigstens das Handtuch gereicht. Diese eine Duschszene: Wahnsinn. Erst Körperpflege, dann Kuss, Schnitt – so ging die softe „Baywatch“-Erotik. Die Rettungsschwimmer von Malibu: Das waren die mit den kompromisslos gebräunten Hard Bodies, die meistens rennend in Zeitlupe gefilmt wurden. Die Baywatch-Körper waren das Schönheitsideal einer TV-Epoche. Mit Fake-Brüsten, so hart wie die knalligen Bojen, die Erika Eleniak und Pamela Anderson stets in der Hand hatten. Da wackelte (fast) nix, schon gar nicht die Kamera, die die Trikolore der sexuellen Erweckung so vorteilhaft und ikonenhaft in Szene setzte: gelber Sand, blauer Himmel, roter Bikini. Für jeden Pubertierenden in den 90erjahren war „Baywatch“ ein ständiger Beunruhigungsfaktor – war Sex tatsächlich so kalifornisch und porentief rein? Geil! Doch, das war sexy alles, damals. (Thomas Andre)

Unverkrampft

Warum denn immer nur eine Szene, wenn es auch gleich ein ganzer Film sein kann? In „Shortbus“ dreht sich alles um Sex. Und trotz einer – begründeten – Freigabe ab 18 Jahren und diversen Szenen, die einem die Schamesröte ins Gesicht treiben können, ist „Shortbus“ kein Porno. Sondern eine Hommage an die (körperliche) Liebe. So unverkrampft und fröhlich ist man im Mainstream selten mit dem Thema umgegangen. Männer und Frauen in nicht beliebiger, aber doch ziemlich freier Zusammenstellung, hetero-, homo-, bisexuell? Egal, Hauptsache Spaß dabei. Den Anspruch, Sex als das zu zeigen, was es doch eigentlich sein sollte, nämlich die normalste Sache der Welt, haben Regisseur John Cameron Mitchell und seine bunte Darstellerriege bestens eingelöst. (Alexander Josefowicz)

„Fifty Shades Of Grey“ 125 Minuten, ab 16 Jahren, täglich im Blankeneser, Cinemaxx Dammtor, Harburg, Wandsbek, Hansa-Studio, Savoy (OF), Studio, UCI Mundsburg, Othmarschen, Wandsbek