Regisseur Michael Mann verliert in dem Thriller „Blackhat“ die Allgegenwart der Algorithmen aus dem Auge

Den Weg weisen: Vom Weltall aus nähert sich die Kamera der Erde, Städte tauchen auf, die wie Netzwerke aussehen. Ein Atomkraftmeiler wird kurz beäugt, dann dringen die Bilder ins Computernetzwerk ein, zwängen sich in Mikromechaniken, in die Glasfaserkabel, wo Daten und Befehle nur noch Lichtimpulse sind. Und wieder zurück. Durch den Druck auf die Enter-Taste eines Computers kommt es weit entfernt zu einem Störfall im Kernkraftwerk bei Hongkong. Die Folgen sind unabsehbar.

Eine Schadsoftware hat den Atom-Unfall ausgelöst. Den Code hat zur Hälfte ein Chinese geschrieben, der nun fürs Militär arbeitet (Lee-Hom Wang). Für die andere Hälfte war sein studentischer US-Freund zuständig, der nun im Gefängnis sitzt, Nicholas Hathaway (Chris Hemswoth), dem Gesetze und Staat ganz egal sind. Wie ein Nerd sieht er nicht aus.

Michael Manns Thriller „Blackhat“ ist reines Kino, pure Visualität: Ein Blackhat ist ein Hacker, der mit krimineller Energie bewusst Schaden anrichtet. Die in Computerkreisen übliche Einteilung in Whitehat, Greyhat, Blackhat orientiert sich an Western. Wer einen schwarzen Hut trägt, ist der Schurke. Cowboyartig ist auch der Plot: Hathaway kommt für den Auftrag frei, mit Chen und dessen Schwester Lien (Tang Wei) den Täter zu suchen. Den Amerikaner und die Chinesin verbindet alte und neue Liebe. Hier buhlt die alte Filmnation USA nach dem neuen Absatzmarkt China.

Von Software als Waffen verlagert sich der Kampf bald zu althergebrachter Hardware aus Stahl. Auch Hathaway weiß plötzlich mit Gewehr und Pistole umzugehen. Die Gruppe schmilzt in Schießereien und Explosionen, bis das Duell bevorsteht. Null gegen Eins. Da ist allerdings von Cyberwelten und digitaler Zerstörung längst keine Rede mehr.

Michael Manns Kraft und Vorlieben, sein stilistischer Wille sind in jeder Sekunde zu sehen. Die Figuren tanzen schier durch eine strenge Welt aus flächigen Bildern, sie wissen, dass sich niemand dem Chaos der vernetzten Welt entziehen kann. Mann hat in „Blackhat“ einen Grad der Abstraktheit erreicht, den man bewundern oder verachten kann. Seicht ist es jedenfalls nicht.

Doch wie so oft hat der Regisseur sich für die Geschichte nicht richtig interessiert. Cyberkriminalität, Hacker, die Allgegenwart der Algorithmen, all das wird mit elendig anmutender Pflicht erledigt. Im Finale spielt der Plot überhaupt keine Rolle mehr. Überwachung? Nirgends. Held und Heldin reiten durch die Prärie, ohne geortet werden zu können. Da straft der Film sich selbst Lügen.

+++-- „Blackhat“ USA 2014, 133 Min., ab 16 J., R: Michael Mann, D: Chris Hemsworth, Lee-Hom Wang, Wei Tang, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; www.blackhat-film.de