„Foxcatcher“ ist weniger ein Sportfilm als ein feines Psychodrama über den amerikanischen Traum

Die alte Sportgeschichte vom Triumph des Willens über den Körper? Nein, dieses Mal nicht! Von Anfang an hängt eine beklemmende Atmosphäre der Ausweglosigkeit über den Bildern. Wie schon in „Capote“ und „Moneyball“ erforscht Regisseur Bennett Miller auch in „Foxcatcher“ wieder eine reale Geschichte mit den Mitteln des Spielfilms, erneut auch eine Geschichte von Außenseitern, die wenig Chancen haben, ihren Platz zu finden, weil sie sich in Welten bewegen, in denen sie fremd sind.

Auf den ersten Blick klingt es nach einer reißerischen Story, wie sie gern in Boulevardblättern ausgeschlachtet wird: 1996 erschießt der Milliardär John Du Pont den Ringer und Goldmedaillengewinner Dave Schultz auf seinem Anwesen und verbringt den Rest seines Lebens im Gefängnis. Doch Bennett Miller macht daraus eine leise Charakterstudie über Männer, die sich gegen übermächtige Schatten behaupten müssen und seziert zugleich die falschen Versprechungen des amerikanischen Traums.

Ganz langsam und geduldig schraubt er sich in die Geschichte hinein. Ohne seine traurigen Helden zu denunzieren, erforscht er minutiös genau die Mechanik der Ereignisse, die unerbittlich auf ihr tragisches Ende zulaufen. Es beginnt mit einem mysteriösen Anruf bei Mark Schultz (Channing Tatum), der mit seinem Bruder David 1984 Olympisches Gold errang und seitdem ziellos durch sein Leben irrt. Dankbar nimmt er das Angebot des Milliardärs John du Pont (Steve Carrell) an, auf seinem Anwesen in Pennsylvania für die Olympiade 1988 in Seoul zu trainieren, als Star in dem von ihm gegründeten Team Foxcatcher.

Steve Carrell spielt diesen Mann, dessen ganze Existenz auf ererbtem Reichtum basiert, als psychopathischen Nerd radikal gegen sein liebenswertes Komiker-Image. So wie Adam Sandler in „Punch Drunk Love“ und Will Ferrell in „Schräger als Fiktion“ zeigt auch er hier eine ganz neue Seite, die das Bild von ihm für immer verändern wird. Mit monotoner Stimme und steifen Bewegungen macht er schmerzlich spürbar, wie wenig dieser Mann in seinem Körper und in seinem Leben zuhause ist.

John du Pont ist unter den kraftstrotzenden Ringern in der schweißdampfenden Atmosphäre seines Trainingsraums fehl am Platze. Wie Carrell ist auch Channing Tatum als Ringer gegen sein Image besetzt. Während er sonst eine selbstbewusste Präsenz verströmt, wirkt er hier seiner muskulösen Physis zum Trotz hilflos und verloren wie ein kleiner Junge zwischen seinem reichen Mentor und seinem charismatisch geerdeten Bruder (Mark Ruffalo), mit dem er trainiert.

In den Trainingskämpfen hat die verspielte Rauferei unter Brüdern immer wieder einen Unterton gefährlicher Rivalität, während zugleich im Verhältnis zwischen Mark und du Pont homoerotische Untertöne mitschwingen. So manifestiert sich zwischen den drei Männern, die alle ihren Vater früh verloren haben, schleichend eine ungute Dynamik, in der jeder einzelne seinen Anteil am tragischen Ausgang trägt.

++++- „Foxcatcher“ USA 2014, 134 Min., ab 12 J., R: Bennett Miller, D: Channing Tatum, Steve Carell, Mark Ruffalo, täglich im Passage, Studio-Kino, UCI Othmarschen; www.foxcatcher.de