Der ARD-Krimi „Mord im Zeichen des Zen“ erzählt eine tiefschürfende Geschichte, die familiäre Probleme mit einer dramatischen Handlung vereint

Der Kriminalroman „Mord im Zeichen des Zen“ von Oliver Bottini beginnt mit einer bildgewaltigen Szene: Ein Mönch stapft durch eine tief verschneite Winterlandschaft, Blut rinnt ihm aus einer Kopfwunde. Ein Dorfpolizist beobachtet die Szene zufällig aus dem Fenster seines kleinen Hauses in einer abgelegenen Gegend im Schwarzwald, er mag kaum glauben, was er draußen sieht. Zwei Welten begegnen sich, ein großes Rätsel ruht in diesem Bild.

In der ARD-Verfilmung des Romans verliert dieses Bild an Tiefe: Der blutende Mönch wandelt auf einer grünen Wiese, die Schauspieler tragen eher leichte Bekleidung, gleichwohl schneit es. Wir befinden uns in der Nähe von Aachen, weil die federführende Anstalt des Films von Brigitte Maria Bertele nun mal der WDR ist.

Trotz dieser szenischen Unschärfen zum Auftakt ist „Begierde – Mord im Zeichen des Zen“ nach dem Drehbuch von Hannah Hollinger eine sehr gelungene Adaption des Bottini-Romans. Was in erster Linie an der wunderbaren Melika Foroutan liegt. Sie spielt die alkoholkranke Hauptkommissarin Louise Boní, die trinkt, seit sie während eines Einsatzes einen Mann erschossen hat oder – wie ihr ausschließlich vernunftgetriebener Chef Bermann (Anian Zollner) mutmaßt – seit ihr Ehemann sie verlassen hat. Boní ist sprunghaft, impulsiv, verlässt sich auf ihre Intuition, hat den Flachmann mit Hochprozentigem immer griffbereit – sie lebt am Abgrund, wie sie zu ihrem Vater (Georges Claisse) sagt, der sie überraschend nach langen Jahren des Schweigens besucht.

Aber sie hat einen Fall zu lösen, auch wenn Bermann sie lieber umgehend in den Entzug und danach in den Innendienst schicken würde. Ein Fall, von dem ihr Chef glaubt, dass es gar keiner ist. Schließlich handele es sich nur um einen durchgeknallten Asiaten, der durch die Gegend läuft. Meint er.

Boní – natürlich – sieht das anders. Sie fährt aufs Land, begleitet den offenbar zutiefst verängstigten Mönch (Aaron Le) in den Wald, zusammen entdecken sie jene Männer, die den jungen Mönch verfolgen und verstecken sich zwischen Felswänden. Boní schläft an der Schulter des Mönchs ein, am anderen Morgen ist er verschwunden, und Bonís Chef schäumt vor Wut angesichts ihres erschreckend unprofessionellen Verhaltens.

Dann wird jener Dorfpolizist, der den Mönch entdeckt hatte, schwer verletzt, und ein junger Kollege stirbt wenige Meter entfernt im Wald durch eine Kugel. Jetzt erkennt auch Bermann, dass es sich um einen Fall handelt, doch was der Mönch damit zu tun haben sollte, bleibt vorerst im Dunkel. Der Schleier des Geheimnisvollen beginnt sich zu lüften, als die Ermittler auf ein Zen-Kloster stoßen, das abseits der Stadt in der ländlichen Idylle liegt und dessen Innenleben die Kamera (Bella Halben) in teils betörende Lichtbilder taucht. Dort hat auch der Mönch Taro gelebt, bevor er aufbrach, offenbar um sein Leben zu retten. Die Begegnung mit einem Japanisch-Übersetzer und seiner asiatischen Ehefrau führt Louise Boní schließlich auf die richtige Spur.

Im Roman wie auch in dessen Verfilmung gelingt die Verschränkung familiärer Probleme, die Boní belasten, mit der erzählten Kriminalgeschichte. Bonís Familie ist nach dem Tod ihres Bruders beschädigt. „Man kann das Schlimme vergessen und das Schöne bewahren. Jedenfalls kann ich das“, sagt Bonís Mutter (Andrea Bürgin), die Wirklichkeit traurig lächelnd verleugnend. Louise, ihre Tochter, droht daran zu scheitern, sie ist innerlich zerrissen. Sie ist der Flucht müde in dieser Geschichte, die mehr Kriminaltragödie ist als lediglich der Spannung dienend.

Worum es ihr denn im Leben eigentlich gehe, wird sie von einer alten, weisen Frau im Zen-Kloster gefragt. „Wie man das alte Ich gegen ein neues austauscht“, antwortet Hauptkommissarin Louise Boní. Am Ende steht dann für sie ein Anfang.

„Begierde – Mord im Zeichen des Zen“, Do, 5.2., 20.15 Uhr, ARD