Für Ralph Giordano waren „Die Bertinis“ Zeit seines Lebens immer „das Buch“, sein Opus magnum, die Geschichte seines Lebens. „Die Bertinis“ erzählen wortgewaltig und sensibel vom Eindringen des Nationalsozialismus in den deutschen Alltag der Hamburger Familie Bertini – Deutsche mit sizilianischen, schwedischen und jüdischen Wurzeln. Und von der Ausgrenzung wegen der jüdischen Mutter, der Verfolgung, zuletzt dem Unterkriechen und Überleben bei einer mutigen deutschen Frau in Alsterdorf.

Romanhaft bearbeitet, aber kaum verhüllt sind das die Kinder- und Jugendjahre Giordanos. 40 Jahre hat er Idee und Aufzeichnungen mit sich herumgetragen, bis „das Buch“ 1982 erschien. Es wurde ein Bestseller, bald verfilmt, und zugleich Stein des Anstoßes für eine neue Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Es war für die Positionsbestimmung der Menschlichkeit herausfordernd und wurde schließlich die Initialzündung für den Hamburger „Bertini-Preis“, der seit 1998 immer am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, an Hamburger Jugendliche vergeben wird.

Im vergangenen Herbst – das wurde sein letzter abgeschlossener Text – bearbeitete Giordano „das Buch“ noch einmal für eine kompakte kurze Hörfassung. NDR Kultur hat sie in fünf Folgen für seine Reihe „Am Morgen vorgelesen“ produziert. Der Autor hatte unbedingt selbst daran mitwirken wollen, und sein Aufnahmetermin stand schon fest, als Giordano am 10. Dezember 2014 im Alter von 91 Jahren starb.

Die Hörfassung wird gelesen von Patrick Abozen, Erik Schäffler, Isabella Vértes-Schütter und Anne Weber. Die Passagen, die Ralph Giordano für sich geschrieben hatte, spricht nun Burghart Klaußner. Einrichtung und Regie übernahm Michael Batz. Die Aufnahme wird bald nach der Sendung als Benefiz-Hörbuch für den „Bertini-Preis“ erhältlich sein.

Ralph Giordano: „Die Bertinis“, 26.1. bis 30.1. jeweils 8.30 Uhr, NDR Kultur