Die Berliner Popdiva Jens Friebe präsentiert ihr fünftes Album im Hafenklang

Es ist alles wieder da. Die tanzbare Widersprüchlichkeit. Die laszive Nachdenklichkeit. Die sexy Haltung. Mehr denn je. „Nackte Angst Zieh Dich An Wir Gehen Aus“ heißt das fünfte Studioalbum des Berliner Popmusikers Jens Friebe. Und wer denkt, dass dieser Satz bereits bestens die Panik(mache) unserer Tage mit Party und Pathos verquickt, der darf sich auf weitere Aphorismen der Hauptstadt-Diva freuen.

Der Mensch ist öffentlicher als früher und zieht sich zugleich zurück ins Private. Die Fronten sind verwaschen, die Ungleichheit noch da. Flotte Shitstorms und faule Kompromisse sind populärer als ausführliche Kontroversen. Friebe fragt mitten hinein: „Und das Spiel heißt Hölle oder Hölle / machst du mit. / Die einen treten auf der Stelle. / Die anderen sind die Stelle, auf der man tritt.“ Was tun? Sich erst mal Gedanken machen oder doch direkt raus in die Bars und Clubs, die großen Katalysatoren? Diskurs, Drama oder Disco? Alles.

Bei Friebe gibt es überdrehten Electropop mit hübsch kaputt klingenden Keyboards, die das Eis im Drink vibrieren lassen. Aber auch Streicherschmelz und Pianoakzente des Chansons, das die Melancholie des nächtlichen Flaneurs, das Morbide des Exzesses hör- und spürbar macht. Gefertigt hat Friebe diesen Sound nicht mit Band, sondern gemeinsam mit Schlagzeuger Chris Imler und Produzent Berend Intelmann.

Das Gute ist, dass Friebe sich in seinen Songtexten nicht konsenssatt den Bauch streicht. Dass er dem Selbstverwirklichungsfuror unserer Zeit böse ein Schnippchen schlägt. Dass er den Grat zwischen Schwäche und Schwachsinn sichtbar macht. „Sie macht ihr Ding. / Sie macht ihr Ding. / Doch ihr Ding ist die Entrechtung der werktätig Beschäftigten“, heißt es in „Sei Einfach Nicht Du Selbst“. Er singt über kleine und große Tode, über Sex, Schlafen und Sterben. In der Moritat „What Will Death Be Like“ zählt Friebe viele jener Bilder auf, die wir aus Literatur und Film von unserem Ende im Kopf haben. Und wie er da all diese finalen Vorstellungen vorträgt, da versprüht er die Aura einer zurückgezogenen Marlene Dietrich: „Der Tod wird nicht sein wie der Anblick von dunklen alten verfallenen vornehmen Suiten.“ Doch bevor uns das Ende ereilt, von dessen Gestalt wir nichts wissen, gehen wir lieber weiter aus.

Jens Friebe So 18.1., 21.00, Hafenklang (S Königstraße), Große Elbstraße 84, Karten zu 16,- Ak., 15.05 Vvk.; www.jens-friebe.de