Klaus Brinkbäumer und Florian Harms, als Interimslösung gestartet, sollen das Magazin jetzt zukunftsfähig machen

Hamburg. Alles neu beim „Spiegel“: Nachdem mit der aktuellen Ausgabe die Umstellung des Erscheinungstags vom Montag auf den Sonnabend vollzogen wurde, folgt nun die redaktionelle Neuordnung. Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin am späten Dienstagnachmittag mitteilte, haben „Spiegel“ und „Spiegel Online“ neue Chefredakteure. Oder vielmehr altgediente. Klaus Brinkbäumer war bislang zusammen mit Clemens Höges stellvertretender Chefredakteur der Print-, Florian Harms zusammen mit Barbara Hans stellvertretender Chef der Onlineredaktion.

Beide übernahmen im Dezember „bis auf Weiteres“ die Geschäfte von Wolfgang Büchner, beide sind langjährige Redaktionsmitglieder. In Medienkreisen galt es schon bei der Verkündung der Interimslösung als ausgemacht, dass Brinkbäumer und Harms auch auf Dauer als neue Doppelspitze fungieren werden, nicht zuletzt, weil die Suche nach einem externen Kandidaten anscheinend ohne konsensfähiges Ergebnis für die Gesellschafter geblieben ist.

Die verlagsseitige Betonung der Übergangslösung, sie wurde seinerzeit als Verzögerungstaktik verstanden, um vergleichsweise ungestört Verträge und Zuständigkeiten zu verhandeln und Strategien zu entwickeln. Und Ruhe, die war nach den monatelangen Querelen um Wolfgang Büchner und den eng mit ihm verbundenen Geschäftsführer Ove Saffe dringend nötig. Die Diskussionen zwischen (Print-)Redaktion und Chefredakteur hatten seit Sommer 2014 auch für die als äußerst streitfreudig geltenden Mitarbeiter des „Spiegels“ eklatante Ausmaße angenommen, samt beiderseitiger Brandbriefe und Schuldzuweisungen. Schließlich musste Büchner gehen, auch Saffe kündigte an, sein Amt in Bälde niederzulegen.

Der Wunsch nach mehr interner Friedfertigkeit, er spricht auch aus der jetzt festgezurrten Perspektive: Brinkbäumer ist seit mehr als 20 Jahren Mitglied der „Spiegel“-Redaktion, seit vier Jahren Teil der Chefredaktion des Magazins. Buchautor, Egon-Erwin-Kisch-, Henri-Nannen-Preisträger und Gewinner des Deutschen Reporterpreises, Brinkbäumer genießt einen Leumund als exzellenter Journalist und Blattmacher. Ein „Spiegel“-Chef wie aus dem Bilderbuch der glückseligen Zeiten des Magazins, als man sich um Auflagenzahlen, Umsätze und ganz allgemein die Zukunft noch keine Sorgen machen musste.

Sein Counterpart im digitalen Bereich ist ebenfalls alles andere als ein unbeschriebenes Blatt: Harms geht in sein elftes Jahr bei „Spiegel Online“, er stieg in dieser Zeit vom freien Redakteur zum stellvertretenden Chef auf, leitete den Aufbau des Zeitgeschichteportals „einestages“ und gilt als Experte für die Herausforderungen des digitalen Journalismus.

Die Aufgabengebiete sind auf den ersten Blick klar verteilt: Brinkbäumer verantwortet das Magazin, Harms den Online-Auftritt. Mit einer Einschränkung: Brinkbäumer fungiert auch als Herausgeber von „Spiegel Online“, hat damit eine Art publizistische Richtlinienkompetenz inne. Es scheint ein wenig wie der präventive Versuch, eine Wiederholung der zweifachen Chefredakteursgeschichte zu verhindern: Die letzte Doppelspitze, Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo, endete 2013 im Streit um die digitale Strategie, beide wurden abberufen, kurze Zeit später das Kommen des als Change-Manager geltenden Büchner angekündigt.

Wie das beinahe gleichberechtigte Duo die dringend anstehende Rahmenstrategie für die Zukunft von gedrucktem und digitalem „Spiegel“ angehen wird, dazu gibt es bislang noch keine Informationen. Nur eine vollmundige Ankündigung: Zusammen werden Brinkbäumer und Harms „die digitale Zukunft der Medienmarke ,Spiegel‘ erfolgreich gestalten“. So prophezeit es der scheidende Saffe in der Verlagsmitteilung. Vor etwas weniger als zwei Jahren kündigte er das baldige Kommen Wolfgang Büchners mit ganz ähnlichen Worten an. Der nach nur 15 Monaten abgelöste Büchner wurde von ihm mit den Worten begrüßt, er bringe alle Voraussetzungen mit, um „die publizistische Zukunft der Medienmarke ,Spiegel‘ erfolgreich zu gestalten“. Für Brinkbäumer, Harms und die Medienmarke „Spiegel“ bleibt nur zu hoffen, dass die angekündigte erfolgreiche Gestaltung nicht zum bösen Omen wird.