Das Leinwandepos „Der Medicus“ von Regisseur Philipp Stölzl ist am heutigen Montag und am Dienstag in der ARD zu sehen. Was ist tatsächlich neu an der TV-Fassung? Welche Pläne verfolgt Stölzl?

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass „Der Medicus“ in die Kinos kam, ein deutscher Monumentalfilm mit internationaler Besetzung wie er nur selten auf die Beine gestellt wird. Er erzählt die Geschichte eines jungen Engländers, der im 11. Jahrhundert aus Europa ins persische Isfahan reist, um dort beim Arzt und Universalgelehrten Ibn Sina dessen Heilkünste kennenzulernen. Mehr als 3,6 Millionen Zuschauer wollten sehen, wie sich der Film nach dem gleichnamigen Bestseller von Noah Gordon aus den 1980er-Jahren auf der Leinwand machte. An diesem Montag und am Dienstag kann man die Geschichte als TV-Zweiteiler in der ARD sehen.

Dem noch relativ unerfahrenen Hauptdarsteller Tom Payne stellte Regisseur Philipp Stölzl so erfahrene Mimen wie Stellan Skarsgård, Ben Kingsley und Olivier Martinez, aber auch Elyas M’Barek und den Hamburger Fahri Yardim an die Seite. Er inszenierte die Geschichte als opulentes Leinwandepos mit Anklängen an historische Vorbilder wie „Lawrence von Arabien“. Vor dem Hintergrund großer, wie gemalt wirkender Kinobilder geht es um Armut und Reichtum, um medizinische Forschung im Mittelalter, um Spannung, das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen und um eine homöopathische Dosis Romantik.

26 Millionen Euro hatte die Produktion gekostet, die in Marokko und in Studios in Köln entstanden ist. Allein in Europa konnte sie 57 Millionen Dollar wieder einspielen. „Fack ju Göhte“ war der einzige deutsche Film, der im vergangenen Jahr mehr Zuschauer anlockte. Der Regisseur freut sich besonders darüber, dass er gleich mehrere Generationen motivieren konnte, für dieses Abenteuer ins Kino zu gehen. „Die meisten Filme, die junge Leute ansprechen, sind den Alten zu schnell und zu laut. Neben den guten Zahlen waren die Reaktionen auf die Warmherzigkeit des Films das schönste Erlebnis für mich.“

Nachdem er die Kinofassung fertiggestellt hatte, setzte er sich an den Schnitt für die TV-Version.

Die sogenannten Amphibienfilme wie „Der Medicus“ genießen einen zweifelhaften Ruf. Nur selten funktionieren sie in beiden Medien gleich gut. Stölzl, der hier zum ersten Mal mit dieser Doppelstrategie arbeitete, sah sich vorher einige andere Amphibienfilme wie „Die Päpstin“, „Der Baader Meinhof Komplex“ und „Buddenbrooks“ an. Sein Anspruch ist danach deutlich: „Es kann nicht sein, dass bei einem Film mit so einer Finanzierung die eine Version auf Kosten der anderen entsteht. Beide müssen vollwertig werden.“

„Medicus“ wird auf drei Stunden verlängert

Epische 150 Minuten dauert bereits der Kinofilm. Die TV-Fassung ist noch einmal 30 Minuten länger. Es tauchen jedoch keine neuen Charaktere oder Erzählstränge auf. „Fürs Kino mussten die Szenen extrem verdichtet werden. Das TV-Korsett war nicht so eng, dadurch entstehen etwas andere unangestrengt-intensivere Momente als auf der Leinwand. Man kann auch mal etwas atmen lassen.“ Die TV-Fassung sei weitmaschiger und habe erzählerisch eine etwas andere Farbe.

Vor einem Jahr bereits hatte Stölzl auch den TV-Schnitt beendet und wollte 2014 mal ganz wenig arbeiten, nachdem sein Terminkalender in den vergangenen Jahren durch Kinofilme wie „Goethe!“ oder „Nordwand“, zahlreiche Musikvideos für Künstler wie Rammstein oder Madonna und zusätzliche Operninszenierungen übervoll war. So ganz hat das nicht geklappt.

Zum ersten Mal inszenierte er am Theater. In Basel brachte er den von ihm selbst adaptierten „Frankenstein“ nach Mary Shelleys Roman auf die Bühne. Die spektakuläre Produktion mit Schauspielern, Musikern und einer großen Puppe als Monster soll im Herbst 2016 auch nach Hamburg kommen. Außerdem drehte er eine Kunstillustration. Er begleitete einen chinesischen Künstler 100 Stunden mit der Kamera dabei, wie er ein Bild malte.

Für 2015 hat sich der vielseitige, 1967 geborene Stölzl, Großes vorgenommen: eine „Winnetou“-Neuverfilmung. Ein Dreiteiler soll es werden. Der Regisseur hofft für sein Indianerabenteuer auf ein neues „Medicus“-Gefühl: „Ich wünsche mir Opa und Enkel zu Weihnachten mit einem Kakao zusammen vorm Fernseher.“

Bis dahin fließt aber noch viel Wasser den Rio Grande hinunter. Opern will Stölzl übrigens auch wieder inszenieren und seufzt: „Das nächste Jahr wird voll.“

„Der Medicus“, Teil 1, Mo, 20.15 Uhr, ARD. Teil 2, Di, 20.15 Uhr, ARD