14 Jahre nach seinem letzten Album meldet sich der Soulsänger D’Angelo mit einem starken, musikalisch verschlungenen Werk zurück. Es ist auch Statement gegen wieder aufkeimenden Rassismus in den USA.

Eigentlich sollte D’Angelos Album „Black Messiah“ erst im kommenden Jahr erscheinen. Doch aufgrund aktueller Ereignisse hat der Soulsänger sich entschlossen, die Platte jetzt zu veröffentlichen; kommerziell eigentlich Irrsinn, denn eine Kampagne mit Blick auf das lukrative Weihnachtsgeschäft war da nicht mehr möglich. Aber das ist D’Angelo egal. Ihm geht es um ein politisches Statement. In einer Vorbemerkung auf dem CD-Cover bezieht er sich explizit auf die Vorgänge in Ferguson und anderen US-Städten, in denen Schwarze von weißen Polizisten zu Tode gebracht wurden, wo große Gruppen sich jeden Tag versammeln und für einen Wandel eintreten. Diese Demonstrationen erinnern an die 60er-Jahre, als die schwarze Bürgerrechtsbewegung elementare Forderungen nach Gleichheit und gegen Rassismus stellte.

14 Jahre lang hat der inzwischen 40 Jahre alte Neo-Soul-Musiker keine Platte mehr veröffentlicht. Seine letzte, „Voodoo“, gilt als ein Meilenstein in der Geschichte des afroamerikanischen Pop. Auf dem neuen Album klingen viele Genres schwarzer Musik an: Funk à la Sly & The Family Stone und Prince, Hip-Hop, Jazz, Blues und natürlich Soul. Doch D’Angelo, der Mann aus Virginia, macht es seinen Zuhörern nicht einfach. Mit Mainstream haben die zwölf neuen Nummern nichts zu tun. D’Angelo experimentiert mit Klängen und mit Rhythmen. Der Pianist hat sich das Gitarrespielen beigebracht und die meisten Instrumente selbst aufgenommen. Seine wichtigsten Partner sind Amir „Questlove“ Thomson, der Schlagzeuger der Hip-Hop-Band The Roots, und der Jazz-Trompeter Roy Hargrove. Gefälligkeit ist nicht ihre Mission; zwar unterlegen die Musiker viele Songs mit einem Groove, doch die Nummern bleiben verschlungen und kurvenreich.

Es lohnt sich, aufmerksam in die mäandernden Stücke hineinzuhören. Nicht nur wegen der Musik, auch wegen der Texte. D’Angelos Weltbild ist düster. „Till It’s Done (Tutu)“ ist eine rigorose Abrechnung mit der Realität, eine Zukunft sieht er nicht („Back To The Future“), er kritisiert Krieg („1000 Deaths“) und sexuelle Ausbeutung („Sugah Daddy“). Selbst über den Liebesliedern wie „Another Life“ oder dem jazzigen „Betray My Heart“ liegt ein Schatten.

Bekenntnis gegen Willkür

Als „schwarzen Messias“, der jetzt wiedergekehrt ist, um die Welt zu retten, sieht D’Angelo sich nicht. „Es geht nicht um mich oder einen Einzelnen“, schreibt er, jeder, der in diesen schwierigen Zeiten seine Stimme gegen Willkür erhebe, solle gepriesen sein. Das sind in den USA gerade Tausende, die mit dem Ruf „Ich kann nicht atmen“ durch die Straßen ziehen. Der Slogan bezieht sich auf einen asthmakranken Afroamerikaner, der bei einem Polizeieinsatz starb. Aber er richtet sich auch gegen ein System, dessen rassistische Auswirkungen viele Schwarze immer noch spüren – 50 Jahre nach der Verabschiedung des Civil Rights Acts.

D’Angelo: „Black Messiah“ (RCA/Sony)