Ridley Scotts Bibelepos „Exodus – Götter und Könige“

Gott hat schlechte Laune. Er hat sich diesen Menschen ausgesucht, hat ihn mitten in der Nacht auf seinen heiligen Berg gelockt, einen Sturm heraufbeschworen, Erdrutsche veranlasst und sogar einen Busch zum Brennen gebracht, und jetzt ist dieser Mensch, der Mann Moses, zurück in Memphis und bekommt trotz Erweckungserlebnis nichts auf die Reihe.

Dabei tut Christian Bale, der das Retten von Volksgemeinschaften unter körperlichem Höchsteinsatz als Batman lange genug geübt hat, wirklich, was er kann. In der Rolle des Moses bringt er den Israeliten das Bogenschießen bei, er lehrt sie Schwindelfreiheit an den steilsten Abhängen, er zeigt ihnen, wie man sich auf dem Rücken eines galoppierenden Pferdes zurückbeugt, wenn der Speer des Feindes nach einem zielt. Vierhundert Jahre in ägyptischer Gefangenschaft. Gott hat ihn berufen. Er soll sein Volk befreien. Es reicht.

Ramses (Joel Edgerton) ist größenwahnsinnig und grausam, und wenn irgendwo unter seinen kohlschwarzen Augenbrauen ein Funken schmerzerfüllter Bruderwärme aufglüht, wird diese sofort wieder eingefangen und gelöscht von einem Zucken seiner Oberlippe, dem allein schon sein ganzer sadistischer Wille zur gewaltsamen Ausgleichung des Kindheitstraumas innewohnt.

Ramses will Moses tot sehen. Moses, der sein Bruder war. Mit dem er sich eigentlich gut verstanden hat, bevor herauskam, dass sie nicht von einem Blut sind, Moses, der ihm, Ramses, einst das Leben gerettet hat. Die Story ist bekannt, seit mehr als 2500 Jahren. Aber Moses, das Kind aus dem Nil, Bruder von Aaron und Miriam, Sohn einer israelitischen Frau, aufgewachsen im Glauben, ein ägyptischer Prinz zu sein, hat auf Ridley Scott gewartet. Es ist, als wäre die Technik nur erfunden worden, damit der 76 Jahre alte Regisseur seine wuchtigen Fantasie- und Historienwelten realisieren kann; es ist, als würde das Nildelta lebendig, die schlammigen Ufer, die Palmen, der Staub, die kolossalen Statuen, an denen Abertausende von Sklaven herumklettern und feilen und hämmern, das Volk, die Soldaten, die Ägypter, die vor Beginn einer Schlacht die Arme in die Luft recken und den Streitwagen zujubeln.

Am Ende, als Moses alt ist, da lockt Gott ihn noch einmal auf einen Berg. Und bevor er seine Gesetze in die Tafeln hämmern kann, sagt Gott: „Wenn du nicht einverstanden bist, dann solltest du den Hammer jetzt niederlegen.“ Aber Moses macht weiter. Er ist der erste Existenzialist.

„Exodus: Götter und Könige“ USA 2014, 142 Min., ab 12 J., R: Ridley Scott, D: Christian Bale, Joel Edgerton, Ben Kingsley, John Turturo, Sigourney Weaver, täglich in den Cinemaxx- und UCI-Kinos, im Savoy (OF); www.exodus-derfilm.de