Die animierte Familienkomödie „Paddington“ bietet außer Slapstick-Elementen auch Anspielungen auf die reale Welt

Ein Bär am Bahnhof? Unter normalen Umständen würde das einigen Aufruhr verursachen. Doch wir befinden uns in England. Und in einem Weihnachtsfamilienfilm, in dem sich das Allerunmöglichste auch mal im Tonfall größter Selbstverständlichkeit präsentiert. So laufen also die Mitglieder der gut bürgerlichen, britischen Familie Brown relativ ungerührt an dem Bären vorbei, der mit einem Schild um den Hals auf dem Bahnsteig steht.

Statt Angst tragen die Browns eher jene Art von Ressentiment zur Schau, die man Flüchtlingen aus Krisengebieten entgegenbringt: „Nicht hinsehen, der will uns bloß irgendwas verkaufen“, wispert Mr. Brown (Hugh Bonneville) noch schmallippig, doch da ist es um seine quirlige Frau (Sally Hawkins) schon geschehen: Den kleinen braunen Kuschelbär kann man auf keinen Fall allein in der Kälte lassen! Dabei stellt sich bald heraus, dass die familientherapeutische Kraft des Bären mindestens so groß ist wie bei den unkonventionellen Kindermädchen Mary Poppins und Nanny McPhee.

Den Bären, der auf der Suche nach einem besseren Leben aus dem Dschungel Perus nach London auswandert und nach einem Londoner Bahnhof benannt ist, hat der britische Kinderbuch- und Krimiautor Michael Bond 1958 erfunden. Nach zwei TV-Serien, einer Puppenserie in den 70er- und einer Trickserie in den 90er-Jahren mussten mehr als 50 Jahre vergehen, bevor der Bär in der Regie des englischen Komödienregisseurs Paul King auf die große Leinwand sprang.

Wie in seinen früheren Arbeiten bieten ihm nun auch Paddingtons Abenteuer Stoff für das komödiantische Spiel mit spezifisch britischen Eigenheiten. Dabei balanciert er ziemlich virtuos zwischen den charmanten Wurzeln der Kinderbücher und den Action-Anforderungen eines modernen Films, zwischen den Alltagsepisoden, in denen der Bär aus Peru mit der Londoner Zivilisation ringt, und einem Actionabenteuer, in dem ihn die Tierpräparatorin des National Museum in ein Ausstellungsstück verwandeln will: Sehr lustvoll tritt Nicole Kidman als Millicent das Erbe von Glenn Closes Cruella in „101 Dalmatiner“ an. Während sich Kinder über den fröhlichen Slapstick amüsieren, entdecken Erwachsene allerlei vielschichtige Anspielungen auf die reale Welt, in der der eingewanderte Paddington eben auch ein Flüchtling ist. Und der stößt im Gastland immer wieder auf Misstrauen und Vorurteile.

+++-- „Paddington“ GB 2014, 95 Min., o.A., R: Paul King, D: Hugh Bonville, Nicole Kidman, Sally Hawkins, täglich im Cinemaxx Dammtor, Harburg u. Wandsbek, Hansa, UCI Mundsburg, Othmarschen-Park u. Wandsbek; www.paddington.com/de/home/