Woody Allen enttäuscht mit seiner romantischen Komödie „Magic In The Moonlight“

Ehrlich gesagt, der Film hat kaum angefangen, da hat man schon große Lust, sofort wieder rauszugehen. Schon wieder dieser nervtötende Zwanziger-Jahre-Jazz! Im nächsten Moment lässt ein Chinese in einem Varieté einen Elefanten verschwinden. Besser gesagt, er lässt ein paar Pappwände rund um das Tier hochklappen, und wenn die wieder fallen, ist der Elefant weg. Und die Leute, die offenbar noch nie was von Hubpodien gehört haben, sind aus dem Häuschen und beklatschen den berühmtesten Illusionisten der Welt. Tja.

Das ist der Anfang von Woody Allens jüngstem Film „Magic in the Moonlight“. Und was so anfängt, wird erfahrungsgemäß selten besser. Leider. Zwar ist man immerhin irgendwann den Chinesen los, aber dann mutiert die Chose zu einem Kostümfilm, der im Sommer 1928 kurz im Upper-Class-England Station macht und dann zur Côte d’Azur überwechselt. Von da an nur noch: exquisite Landhäuser, bildschöne Oldtimer, überwältigende Küsten. Von der heraufziehenden Weltwirtschaftskrise: keine Spur.

Im Gegenteil. Man macht sich einen Spaß. Die Catledges, Freunde eines Freundes (Simon McBurney) von Stanley Crawford (Colin Firth), haben zwei Amerikanerinnen bei sich einquartiert, von denen die jüngere (Emma Stone) eine Weltsensation sein soll. Eine Hellseherin und Gedankenleserin. Eine Frau, die alles konterkariert, woran Crawford geglaubt hat. Beziehungsweise nicht geglaubt hat. („Es gibt keine metaphysische Welt!“) Man tanzt Charleston. Man spielt Tennis. Man trägt mittags sommerliches Leinen und abends Frack. Man zitiert Nietzsche. Man veranstaltet eine Séance mit Tischerücken. Man erlebt eine Levitation. Alles endet, natürlich, in einer Romanze. Der Zweifler und Misanthrop wird bezwungen. Gott sei dank hat er seine Freundin, eine ehrgeizige Schriftstellerin, daheim am Londoner Belgrave Square gelassen.

Alles ist zu schön, um wahr zu sein. Das Ganze wirkt so, als hätte James Ivory einen Agatha-Christie-Krimi verfilmt und einem Automuseum die Ausstattung überlassen. Er habe die Idee seit Ewigkeiten auf einem Notizzettel in seinem Schreibtisch gehabt, hat Woody Allen im Vorfeld der Premiere gesagt. „Ich wusste, dass die Geschichte gut ist, aber ich habe sie immer als etwas Zeitgenössisches gesehen, und das hat sich irgendwie nicht gut für mich angefühlt. Erst als mir die Idee kam, dass ich die Handlung ins Südfrankreich der Zwanzigerjahre verlagern könnte, hat es sich ganz plötzlich richtig angefühlt.“

Aus Zuschauersicht fühlt sich alles falsch an. Das Setting, der Plot, das Dauerparlando, das so dünn ist wie die Limonade, die bei den Catledges serviert wird. Wirklich unverzeihlich ist es, dass Allen Colin Firth im Regen stehen lässt. Nichts funktioniert zwischen dem Oscar-Preisträger („The King’s Speech“) und der sichtlich überforderten „Spider-Man“-Actrice Stone. Erst recht nicht die Chemie. Da ist gar keine!

Wie konnte das passieren? Haben wir Woody Allen nicht vor einem Jahr für „Blue Jasmine“ gefeiert? Dieses bissig-böse Upperclass-Sozialdrama, das Cate Blanchett zu Recht einen Oscar einbrachte? Hatten wir da nicht gedacht, dass sich der Altmeister noch mal neu erfunden und Harmoniesucht und Klarinetten-Getute endgültig hinter sich gelassen hätte? Und jetzt das.

Beim Blick auf „Magic in the Moonlight“ denkt man: „Blue Jasmine“ war ein Ausreißer. Und: Die in San Francisco eingelegte Frischzellenkur hat nicht lange vorgehalten, die Wirkung ist schon wieder verpufft.

++--- „Magic in the Moonlight“ USA 2014, 98 Min., o. A., R: Woody Allen, D: Colin Firth, Emma Stone, täglich im Abaton (OmU), Blankeneser, Holi, Koralle, Passage, Zeise (auch OmU)