Frische Reminiszenzen an den 80er-Synthie-Pop mit La Roux am 9.12. im Mojo Club

Die meisten Künstler starren auf das zweite Album wie das Kaninchen auf die Schlange. Das ging Elly Jackson, die sich als Künstlerin La Roux nennt, nicht anders. Vor fünf Jahren tauchte die Sängerin mit einem von dem Produzenten Ben Langmaid gestählten Sound auf einmal im Musikkosmos auf. Markenzeichen: eigenständiger 1980er-Jahre-Electropop, androgynes Äußeres mit roter Haartolle. „Bulletproof“ hieß der Nummer-eins-Hit, „La Roux“ das dazugehörige Erfolgsalbum. Es folgten Goldene Schallplatten, ein Grammy 2011. Und dann war – Stille. Der Erfolg über Nacht war eine Belastung für die gerade mal 21-Jährige. Es folgten Panikattacken. Die Stimme blieb weg. Ein Zerwürfnis mit dem Songpartner gab ihr den Rest.

In diesem Jahr kehrte sie mit dem wohlwollend aufgenommenen Album „Trouble in Paradise“ zurück und einer neuen Tournee, die sie am 9. Dezember auch in den Mojo Club führt. Mit 26 Jahren feiert sie ihr erstes Comeback. Sie habe die Probleme gar nicht so schnell bewältigen können, wie neue aufgetaucht seien, sagt Elly Jackson. „Ich hatte keinen Filter, redete wild drauflos und musste dann ständig lesen, wie umstritten oder kontrovers meine Aussagen seien“, sagt sie. „Dabei bin ich lediglich keiner dieser zensierten und dressierten Cartoon-Popstars, die nur Blech reden.“ Lieber unkonventionell als langweilig, an diese Devise hat sie sich zum Glück weiter gehalten.

Im Produzenten Ian Sherwin hat sie einen idealen neuen Partner gefunden. Noch immer klingen Songs schön retro nach tanzbaren, funky 1980er-Bands wie Yazoo, Tom Tom Club oder The Human League. Eine neue, süße, leicht romantische Melancholie durchweht Songs wie „Uptight Downtown“ oder das melodiöse „Paradise Is You“.

Liebesbeziehungen und sexuelle Obsessionen sind die beherrschenden Themen, wie ja häufig im Pop. Hier jedoch sehr explizit in „Cruel Sexuality“ oder „Sexotheque“. Sang sie auf „La Roux“ noch protestierende Songs gegen das unschöne Beziehungsende, ist es jetzt die Vergänglichkeit des Glücks, der Morgen nach einer ekstatischen Party, bei der irgendwann der kalte Rauch übernimmt. Oder auch Geschichten über die Vertreibung aus dem Paradies. „Tropical Cancer“ beobachtet einen Mann, der im Paradies lebt, das aber vor lauter Verlorenheit gar nicht zu schätzen weiß.

Vor fünf Jahren zählte Elly Jackson mit Ellie Goulding oder Little Boots zu einer ganzen Gang von jungen Musikerinnen, die sich dem tanzbaren Synthiepop verschrieben hatten. Als Teil einer Bewegung sieht sie sich bis heute nicht. Dem androgynen Look ist sie weiterhin treu. Jackson verehrt Musikerinnen wie Annie Lennox, die belegen, dass man eine Persönlichkeit ausprägen kann, ohne gleich in der Schublade einer sexuellen Orientierung zu landen. „Kein Mensch ist nur das eine oder das andere. Oder irgendwas dazwischen. Das ist ein dummes, altmodisches Konstrukt.“

La Roux Di 9.12., 21.00, Mojo Club (U St. Pauli), Reeperbahn 1, Karten zu 30,20 im Vvk.; www.laroux.co.uk