Der Engländer Bryan Ferry singt im CCH Solowerke und Roxy-Music-Klassiker

Eigentlich darf man ja schon froh sein, dass Bryan Ferry wieder nach Bryan Ferry klingt. Mehr denn je muss man im Fall seines neuen Albums „Avanmore“ schon sagen, nachdem er sich zuletzt die Eskapade leistete, seine größten Hits im Jazz-Orchestergewand bis zur Unkenntlichkeit zu verfremden. Nun knüpft er schon im Titel an das letzte Werk seiner mit Brian Eno gegründeten Band Roxy Music mit dem Titel „Avalon“ (1982) an, auf dem er den Sehnsuchtsort der mittelalterlichen Sagenwelt so schön mit lasziven Gitarren, erotischen Rhythmen und dem fast vergessenen Schmelz des Saxofons auflud.

Ferry ist mit seinen inzwischen 68 Jahren weiterhin erfolgreich solo unterwegs. Kein Gedanke ans Aufhören. Die Setlisten der laufenden Tournee, die ihn am Sonnabend, 29.11., auch ins Hamburger CCH führt, bestreitet er zu rund drei Vierteln mit neu arrangierten Versionen von Roxy-Music-Hits. „Avanmore“ spielt da nur eine untergeordnete Rolle, wie auch – verschweigen wir „The Jazz Age“ (2012) – der sehr hörbare Vorgänger „Olympia“ (2010). Die neue Single „Loop De Li“ klingt, als wäre sie bereits Mitte der 1980er-Jahre aufgenommen. Im dazugehörigen Musikvideo schickt Ferry ein dekadentes Upper-Class-Bürschchen, eine junge Version seiner selbst, durch die Sinnkrisen einer Dauer-Drogenparty. Und auch das Schwarz-Weiß-Foto auf dem Cover zeigt den Sänger eindeutig in seinen 30ern. Man könnte ihn jetzt angesichts dieser hemmungslos ausgelebten Nostalgie verdammen.

Zum Glück ist aber alles fein arrangiert. Musikalische Schwergewichte wie Nile Rodgers, Johnny Marr und Marcus Miller steuern ihr göttliches Gitarrenspiel bei. Weitere Gastauftritte liefern Red-Hot-Chili-Peppers-Bassist Flea, Ronnie Spector, Mark Knopfler und Maceo Parker ab. Seit Jahren wandelt Ferry zwischen klassischem Glamour-Disco-Pop und softem, orchestrierten Jazz. Und auch hier nimmt er sich neben Eigenkompositionen zwei Coverversionen vor, ein schwülstiges „Send In The Clowns“ und ein kaum erkennbares Robert-Palmer-Cover „Johnny & Mary“, gemeinsam mit dem norwegischen DJ Todd Terje. Alles wie immer, nur der weiche Bariton Ferrys ist vom Leben aufgeraut. Auf seinen Alben mag er wenig Überraschendes abliefern, live ist der dezent ergraute Mann noch immer jeder Zoll ein stilbewusster Dandy und noch immer eine Ohrenweide. Ein Narr, wer da nicht ins Tanzen kommt.

Man stellt ihn sich vor, gut alternd, zwischen antikem Mobiliar, altem Porzellan, Maßanzügen nach eigenen Entwürfen und einer Schar von Hunden und Pferden. Very britisch eben. Längst ist der ehemalige Kunststudent und einstige Lieblingsschüler des Pop-Art-Pioniers Richard Hamilton selbst unter die Kunstsammler gegangen. Und längst ist er selbst ein Kunstwerk. Einfach zeitlos.

Bryan Ferry Sa 29.11., 20.00, CCH (S Dammtor), Marseiller Straße, Restkarten ab 43,75; www.bryanferry.com