Das Abschiebedrama „Deportation Cast“ hat am Freitag im Lichthof Premiere

Das Wort Deportation hat einen verbrecherischen Klang in Deutschland, weil darunter die Verschleppung der Juden in deutsche Konzentrationslager in der NS-Diktatur verstanden wird. Der Autor Björn Bicker nennt sein Theaterstück „Deportation Cast“, er möchte genau diesen staatlichen Zwang in einem plakativen Wort benennen und nicht die gedrechselte Umschreibung „Aufenthalt beendende Maßnahme“ oder den geläufigeren Begriff Abschiebung. „Cast“ ist das englische Wort für Besetzung oder für Mitwirkende in einem Film oder Theaterstück. Vier Mitwirkende gibt es in seinem 2011 uraufgeführten „Deportation Cast“, „jeder Schauspieler spielt drei Rollen und sich selbst“, heißt es in einer Bühnenanweisung. Regisseur Harald Weiler und Bühnenbildner Lars Peter bringen Bickers 2012 mit dem Deutschen Jugendtheaterpreis ausgezeichnetes Drama am 21. November auf die Bühne im Lichthof.

Der Autor, selber auch Regisseur und Dramaturg und für das gerade auf der Veddel zu Ende gegangene Festival „New Hamburg“ mitverantwortlich, erzählt eine hochaktuelle Geschichte, die jeden Tag irgendwo in Deutschland geschehen kann. Es geht um Abschiebung aus der Sicherheit der Bundesrepublik in eine arme, politisch instabile Region irgendwo auf dem Balkan. Bickers Hauptfigur ist die 15 Jahre alte Elvira. Das Roma-Mädchen ist kurz nach seiner Geburt mit den Eltern aus dem Kosovo nach Deutschland geflohen. Die Familie hat kein politisches Asyl bekommen, sondern lebt geduldet hier. Elvira hat fast ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht, sie besucht die Schule und hat einen deutschen Freund namens Bruno.

Doch unversehens findet sie sich in ihrem Geburtsland wieder, dessen Sprache sie kaum spricht und das für sie auch kulturell gänzlich fremd ist. Die „ausgesetzte Abschiebung“ wurde von den Behörden einkassiert, weil der Bürgerkrieg im Kosovo beendet ist. Elvira und ihre Familie werden daraufhin in ein Flugzeug gesetzt und deportiert. Die erste große Liebe zwischen Elvira und Bruno droht an bürokratischen Regeln zu scheitern.

Bicker zeigt exemplarisch an Brunos deutscher und Elviras Roma-Familie, welche verheerenden Auswirkungen diese Abschiebepraxis haben kann. Lars Peter stellt wichtige Fragen, die er mit Weiler und den Schauspielern während der Probenarbeit ausführlich diskutiert hat: „Bicker spricht Themen wie Abschiebung, persönliche Verantwortung und Schuld in seiner Familientragödie geschickt an. Es geht um Fragen wie: Muss man sich aus der Abschiebung raushalten – und macht sich dadurch schuldig? Macht man mit – und wird dadurch schuldig? Muss man dagegen aufbegehren?“

Harald Weiler ergänzt: „Das Problem existiert und ist in diesem Stück sehr konkret. Wir können sagen: Es trifft immer Menschen, im Stück sind es vier Personen. Wir zeigen, was mit denen passiert und wie zynisch Realität sein kann. Eine einfache Lösung kann das Theater jedoch nicht bieten.“

„Deportation Cast“ Premiere Fr 21.11., 20.15, Lichthof (Metrobus 3), Mendelssohnstr. 15b, Karten zu 15,- unter T. 85 50 08 40; www.lichthof-theater.de