Sie sind Motörhead und sie spielen Rock’n’Roll am 14. November in der Sporthalle

Ein Schatten mit Hut marschiert auf die Bühne, legt den Kopf in den Nacken und raunzt in das steil nach unten zeigende Mikrofon: „We are Motörhead. And we play Rock’n’Roll“, bellt der Mann mit dem Gesicht eines ausgewrungenen Fensterleders. Er greift in die förmlich vor Angst zitternden vier Saiten eines Rickenbacker-Basses und entfacht das Inferno. „Damage Case“, „The Chase Is Better Than the Catch“, „Over The Top“, „Overkill“ oder „Doctor Rock“ sind die Titel auf der Setliste, aber eigentlich ist es nur ohrenbetäubendes Dröhnen aus Bass, Gitarre und Schlagzeug, aus bis zum Anschlag aufgerissenen Verstärkern.

Heavy Metal nennen es blauäugige Beobachter, was Motörhead ausmacht. Aber Lemmy Kilmister und seine treuen Begleiter Phil Campbell und Mikkey Dee spielen keinen Metal. Lemmy hasst es, wenn man Motörhead eine Metalband nennt. Oder Hardrockband. Es ist Rock’n’Roll aus England und sonst nichts. In Sachen Tempo und Lautstärke auf die Spitze und „Over The Top“ getrieben, ja. Aber Rock’n’Roll.

Seit 1975 und damit seit fast 40 Jahren spielt Motörhead Rock’n’Roll und lebt ihn, wenn man so will, auch vorbildlich aus. Autobiografien wie „White Line Fever“ und Dokumentarfilme sind im Prinzip lange Kassenzettel von Jacky-Cola-Drinks, die wie Lemminge die Kehle von Mister Kilmister hinunterwanderten. Ohne ihn umzuwerfen wie Ozzy Osbourne oder gar umzubringen wie John Bonham. Dass nur zwei Lebewesen einen Atomkrieg überleben würden, Lemmy und Kakerlaken, war jahrzehntelang nicht nur ein geflügeltes Wort, sondern ein absolut unumstößliches Gesetz.

Aber irgendwann kommt die Rechnung. Lemmy wird am kommenden Heiligabend 69 Jahre alt. Alt. Und die Pumpe ist aus dem Rhythmus geraten. Die Festivaltour 2013 wurde abgesagt, nur beim Wacken Open Air schleppte sich Lemmy für eine halbe Stunde auf die Bühne. Prompt herrschte Sorge in der Fangemeinde. Wenn es Lemmy schlecht geht, leidet eigentlich der ganze Rock’n’Roll mit, wird in seinen Grundfesten erschüttert.

Nun tritt Lemmy kürzer, aber immer noch auf das Gaspedal. Dieses Jahr reichte es beim Wacken Open Air schon wieder für 70 Minuten, auch wenn es kein Auftritt für die Geschichtsbücher war. Lemmy nahm sich einige Pausen und grollte über das Publikum. Das machte zu einem Großteil den Eindruck von Neugierigen, die nur eine vermeintlich letzte Gelegenheit nicht verpassen wollten, mal eine Rocklegende zu sehen. Und das darauf wartete, dass endlich das Ass aus dem Ärmel geschüttelt wird: „Ace Of Spades“. Eigentlich kann Lemmy den Song nicht mehr hören, aber die Fans am 14. November in der Sporthalle wohl umso lauter. Und darauf kommt es an.

Motörhead, The Damned, Skew Siskin Fr 14.11., 19.00, Sporthalle (U Lattenkamp), Krochmannstraße 55, Karten zu 49,95 im Vorverkauf; www.imotorhead.com