„Mr. Turner“ in einem Filmporträt von Mike Leigh

Das soll das Malergenie sein, dessen Gemälde Kunstliebhaber auf der ganzen Welt begeistern? Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass Regiseur Mike Leigh dieses Mal nicht aus dem Leben eines kleinen Mannes aus der Arbeiterklasse erzählt. Bei näherem Hinsehen wird allerdings schnell offensichtlich, dass auch der berühmte britische Künstler William Turner bei ihm in erster Linie ein Mensch mit Makeln und Fehlern ist. Timothy Spall spielt ihn brummelnd und keuchend und macht dabei jedes unwirsche Grunzen zum nuancenreichen Ereignis, wenn er seine Haushälterin vor dem Bücherregal bespringt, die Mutter seiner Kinder brüsk abweist oder eine herzerwärmende Liaison mit seiner Zimmerwirtin beginnt. Auf dem Filmfestival von Cannes wurde er dafür als bester männlicher Schauspieler ausgezeichnet.

Leigh konzentriert sich in seinem Porträt „Mr. Turner“ auf das Handwerk, das Hantieren mit Pigmenten und Leinwänden. Der Film setzt 1825 ein, als Turner bereits ein berühmter Maler war. Doch zu dieser Zeit beginnt er auch, seine Bewunderer zunehmend zu verstören, mit Bildern, deren Gegenständlichkeit förmlich auszufransen scheint, in Richtung Abstraktion und Impressionismus. Und wie alle Künstler, die ihrer Zeit voraus sind, muss auch er viel Häme einstecken: „Er verliert zweifellos sein Augenlicht!“

++++- „Mr. Turner – Meister des Lichts“ GB/F/D 2014, 149 Min., ab 6 J., R: Mike Leigh, D: Timothy Spall, Dorothy Atkinson, Marion Bailey, täglich im Abaton (OmU), Blankeneser, Passage, UCI Othmarschen; www.turner-derfilm.de