Hamburg. Mindestens zwei Seelen wohnen wohl in der Brust einer jeden Mezzosopranistin. Eine dieser Seelen ist aber immer eine aufstrebende Sopranistin. Wie man aus der latenten Schizophrenie des Mezzofachs eine ganze Konzertdramaturgie entwickeln kann, führte Elina Garanča bei ihrem Gastspiel in der Laeiszhalle vor.

Garanča-Verehrer hatten dabei erst einmal Anlass zur Eifersucht, denn gut die Hälfte des Programms bestritt Garančas Ehemann Karel Mark Chichon mit seinem Brno Philharmonic Orchestra. Chichon servierte als Zwischengänge ein Kuschelklassik-Arrangement von Bachs Air und Sibelius‘ „Finnlandia“, aber auch hörenswert schmissige Beilagen von Verdi, Mascagni und Bizet.

Die Garanča aber führte über zwei Konzerthälften mit sechs Nummern und drei Zugaben hinweg alle Facetten ihrer wunderbaren Stimme vor. Sie begann, in feierliches Schwarz gekleidet, mit zwei Mezzo-Arien mit tiefer Tessitura, dunklem Timbre und einem Schuss Vibrato für den melodramatischen Tonfall. Mit dem ersten, lang gehaltenen Ton von Verdis „Pace, pace mio Dio“ stieg sie dann in die Höhen des dramatischen Soprans hinauf und überstrahlte beim Schlussakkord mühelos das groß besetzte Brünner Orchester.

Dramatisch ging es nach der Pause weiter. Die Garanča, nun in leidenschaftliches Knallrot gekleidet, schenkte ihrem Publikum Santuzzas bewegendes „Voi lo sapeta, o Mamma“ und kam dann bei jenem Fach an, auf das ohnehin alle gewartet hatten: Bei einem verspielt-flirtenden lyrischen Mezzo in Carmens „Chanson Bohème“. Wie eine kostbare Gabe verschickte die Garanča je einen ihrer neckischen Tralalalala-Triller in jede Ecke des Auditoriums. Merci, Elina.