Die Tage, in denen „Vorlesungen mondäne Ereignisse waren, zu denen sich elegant gekleidete und gut frisierte Damen eines gewissen Alters in großer Zahl versammelten“, sind endgültig gezählt. Damals, in den diskurs- und substanzschwangeren 70er-Jahren fielen eben nicht nur angehende Geisteswissenschaftler all den Roland Barthes’, Michel Foucaults, Jacques Lacans und Jacques Derridas zu Füßen – es war die Zeit des beseelten Lesens, der Theorie-Überfülle und der hitzigen Diskussionen, in denen „es noch um mindestens alles“ ging. Ulrich Raulff, ehemaliger Feuilletonchef der „FAZ“, seit 2004 Direktor des Literaturarchivs Marbach, erinnert sich in „Wiedersehen mit den Siebzigern. Die wilden Jahre des Lesens“ (Klett-Cotta, 17,95 Euro) augenzwinkernd an „unrasierte und schlecht gelüftete angehende Intellektuelle“ mit „schmalen Budgets“. Herrlich, wenn auch sehr weit weg.