Es ist eine intensive Geschichte, die Lisa Kränzler mit „Lichtfang“ vorlegt (Suhrkamp, 16,95 Euro). Die Autorin, Jahrgang 1983, erzählt in ihrem dritten Roman von der Abiturientin Lilith, die sich in ihrem inneren Irrgarten verläuft. Die sich aushungert, weil sie versucht, Leben und Körper unter Kontrolle zu halten. Lilith verliebt sich in Rufus, der Halt in der klaren Sprache von Mathematik und Physik findet. Beide sind radikal in ihrer Isolation. Doch während Rufus ein Außenseiter mit Bodenhaftung ist, driftet Lilith in surreale Welten ab, die sie sich malend erschafft. Kränzler erzählt in bildgewaltiger, eigensinniger Sprache vom Verschwinden eines jungen Menschen. Ihr Drama ist eine Montage aus konzentrierten Szenen, inneren Monologen und „elterlichen O-Tönen“, die scheinbar ohne Effekt an Lilith vorbeiziehen. In den Lücken, die die Autorin lässt, ist die Hilflosigkeit besonders stark zu spüren.