Das NDR Sinfonieorchester begleitet Arabella Steinbacher bei Alban Bergs Violinkonzert

Ein gewohnt klug und überraschend ersonnenes Programm erwartet die Besucher des Konzerts mit dem NDR Sinfonieorchester und der Münchner Geigerin Arabella Steinbacher am Donnerstag in der Laeiszhalle. Das Violinkonzert von Alban Berg, das Frau Steinbacher bereits mit Mitte 20 auf CD aufnahm und das nur eines der vielen bedeutenden Werke des 20. Jahrhunderts in ihrem breit gefächerten Repertoire bildet, rahmt der Chefdirigent und Programmplaner der NDR-Sinfoniker Thomas Hengelbrock mit Johann Sebastian Bachs Orchestersuite Nr. 4 D-Dur und Ludwig van Beethovens 7. Sinfonie A-Dur ein.

Das Überraschende an dieser Programmzusammenstellung ist die Dialektik aus Freude und tiefstem Schmerz. So ergreift Bergs Violinkonzert den Hörer gewiss noch ein bisschen mehr, wenn er weiß, dass das Stück in memoriam von Manon Gropius geschrieben wurde, der 1935 mit 18 Jahren an Kinderlähmung gestorbenen Tochter von Alma Mahler-Werfel und Walter Gropius. Doch das grandios aus dem Material einer Zwölftonreihe komponierte zweisätzige Werk kann seinen singulären Rang in der Musikgeschichte auch diesseits der Widmung „Dem Andenken eines Engels“ behaupten.

Bachs Orchestersuite und Beethovens siebte Sinfonie ergänzen das Konzert

Fantastisch instrumentiert und mit einem ebenso herausfordernden wie organisch anmutenden Solopart versehen, zählt es neben einigen anderen Werken Bergs zu den emotional wärmsten dodekaphonen Stücken überhaupt. Und nicht allein das darin verarbeitete Zitat aus dem Bach-Choral „Es ist genug“ macht das Violinkonzert auch zu einem prophetischen Kunstwerk jenseits der Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen. In seiner filigranen Wucht liest man es wie eine Vorahnung des eigenen nahen Todes – Berg erlebte die Uraufführung 1936 nicht mehr –, aber auch der aufziehenden Katastrophe von Nazismus und Krieg.

Die dem Konzert vorangestellte Orchestersuite mit solierenden Oboen und Trompeten und einem geradezu swingend durchgearbeiteten Begleitorchester aus Streichern und Pauken zeigt Bach von seiner muntersten Seite. Auch Beethovens siebte Sinfonie, von einem zeitgenössischen Rezensenten als seine bislang „melodiereichste, gefälligste und fasslichste“ gerühmt, bietet eher Leichtigkeit und Triumphgefühlen Raum.

Arabella Steinbacher debütierte als Vierjährige mit einem Vivaldi-Konzert und erhielt bereits seit ihrem achten Lebensjahr Unterricht von der begnadeten Münchner Geigenprofessorin Ana Chumachenco, bei der auch Julia Fischer, Veronika Eberle und Lisa Batiashvili zu jungen Meisterinnen ihres Fachs wurden. Erst vor wenigen Monaten gastierte Steinbacher mit einer ungemein starken, konzentrierten Wiedergabe von Frank Martins „Polyptique“ in Hamburg – ebenfalls beim NDR Sinfonieorchester. Sie spielt eine Stradivari von 1716, technisch makellos, mit einem schlanken, dennoch blühenden Ton und jenem heilig-nüchternen Ernst, der große Musik immer noch ein bisschen größer macht.

Arabella Steinbacher & NDR Sinfonieorchester Do 2.10., 20.00 Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Restkarten Abendkasse