Die schwedischen Folk-Schwestern First Aid Kit gastieren am 8. Oktober im Mojo Club

Die Vorstellung hat schon was. Eine abgelegene Spelunke an einem einsamen Highway. Die Neonreklame wirft flackernd Licht auf die aus Magnetbuchstaben zusammen gesetzte Programm-Anzeige: „Tonight: First Aid Kid“. Eigentlich heißt der Gast des Abends First Aid Kit, aber entweder hatte der Barbetreiber kein „t“ mehr oder von zu viel Selbstgebranntem genascht. Egal, klapprige Pickups stehen vor der Tür, und hinter der Tür riecht es nach Bier, schweißgetränkten Flanellhemden, klebrigen Holztischen und unter Folie schwitzenden Sandwiches. Thunfisch. Buärgs.

Die drei Gäste, schwere Brocken mit ausgeblichenen Tattoos auf astdicken Oberarmen, machen den Ort nicht einladender. Aber sie sehen friedlich aus, etwas verliebt, wie sie so mit dem Finger versonnen im Bierglas rühren und auf die Bühne starren. Denn da stehen Johanna und Klara Söderberg, die dunkelhaarige Klara an der Gitarre, die blonde Johanna am Keyboard. Vereint in perfekter Harmonie. Und der kann man sich nur schwer entziehen.

Wer weiß, ob sich die beiden schwedischen Schwestern von First Aid Kit jemals in eine abgelegene Highway-Ranzbude verirrt haben. Aber zum Reeperbahn Festival haben sie im Jahr 2010 gefunden, ins Indra 2012 und dort einen ähnlichen Eindruck hinterlassen wie beim Fantasiebild von gerührten Stiernacken. Denn der Sound, den die beiden mit ihrer Band auf ihren drei Alben „The Big Black & The Blue“ (2010), „The Lion’s Roar“ (2012) und „Stay Gold“ (2014) entwerfen, ist in erster Linie ein Klang des Friedens. Die überlieferten Hippie-Töne der 60er-Jahre von Vorbildern wie The Mamas & The Papas oder Byrds tauchen immer wieder in Rezensionen auf, obwohl die Lieder von First Aid Kit nicht gestrig klingen, sondern zeitlos. Country und Western, Folk und Blues, erdig amerikanisch, luftig skandinavisch. Und über allem die perfekten zweistimmigen Gesangsharmonien, die direkt ans Herz gehen.

Das dritte Album von First Aid Kit erschien im Juni, und die Melodien auf „Stay Gold“ sind wieder sehr goldig, auch wenn die Texte sich auch auf Schattenseiten des Lebens trauen. In die Einsamkeit auf dunkle Straßen und in düstere Kellerbars wie in „The Waitress Song“, in die Trümmer einer verletzten Seele („Shattered And Hollow“), wo ein Silberstreif am Horizont („My Silver Lining“) sichtbar, aber doch weit weg ist. Lieder als Trostpflaster, dafür steht First Aid Kit.

Man kann es durchaus kitschig nennen, wenn Slidegitarren säuseln und auf dem neuen Album auch noch Streicher hinzukommen. Muss man aber nicht. Gefühle sind eben Gefühle. Manche lassen sich in Worte fassen, manche in Lieder und manche in kleine Gesten. Johanna und Klara Söderberg tun das alles am 8. Oktober im Mojo Club. Ja, da gibt es auch Bier.

First Aid Kit, Joe Rose Mi 8.10., 21.00, Mojo Club (U St. Pauli), Reeperbahn 1, Karten zu 25,60 im Vorverkauf; www.thisisfirstaidkit.com