Die 14-jährige Gelsomina bewirbt sich für eine Castingshow und erlebt in dem Drama ein „Land der Wunder“

Verglichen mit der gesamten Lebenszeit dauert die kurze Phase des Erwachsenwerdens nicht lange, fürs Kino aber bildet sie ein schier unerschöpfliches Thema. Warum das so ist, auch jenseits des vordergründigen Interesses an ungeschickten sexuellen Eskapaden, das macht die italienische Regisseurin Alice Rohrwacher in ihrem zweiten Spielfilm „Land der Wunder“ auf wirklich bezaubernde Weise deutlich.

Ihre Hauptfigur, die 14-jährige Gelsomina (Maria Alexandra Lungu) ist eine kühne Weltreisende. Die eine Welt, Gelsominas Zuhause, das ist ein Bauernhof irgendwo im nördlichen Mittelitalien. Der Hof bildet einen Kosmos für sich, weil Gelsominas Eltern hier Fremde sind, die etwas „Alternatives“ aufzubauen versuchen. Ihr Vater Wolfgang (Sam Louwyck) züchtet Bienen, ihre Mutter Angelica (Alba Rohrwacher, die ältere Schwester der Regisseurin) kümmert sich um die Beete und die drei jüngeren Geschwister. Die dritte Erwachsene, Coco (Sabine Timoteo), zeugt mit frechem Mundwerk und Hippie-Gebaren von einer diskussionsintensiven Vergangenheit. Trotz der strengen Anweisungen des Vaters, der seiner ältesten Tochter die Imkerei beibringt, ist der Hof ein Kindheitsparadies.

Die zweite Welt ist die des italienischen Alltags, geprägt von Wirtschaftskrise und Bürokratie, die auch auf Gelsominas Kindheitsparadies Druck ausüben. Und dann kommt Gelsomina eines Tages mit noch einer anderen Welt in Berührung: der kuriosen und wunderlichen Sphäre einer TV-Castingshow, die in der Provinz nach Talenten sucht. Gelsomina, die mit dem Mut und der Ignoranz der Adoleszenz die Grenzen zwischen all diesen Welten nicht sehen will, füllt heimlich eine Bewerbung für sich und ihre Familie aus. Sie bringt damit die einzelnen Sphären, die familiäre, die reale und die TV–Show, in gefährliche, konfliktträchtige Nähe, aber für ein Mal noch, vielleicht zum letzten Mal, liegt die Lösung in kindlich-magischem Denken.

++++- „Land der Wunder“ Italien/Deutschland/Schweiz 2014, 111 Min., o.A., R: Alice Rohrwacher, D: Maria Alexandra Lungu, Alba Rohrwacher, Sabine Timoteo, täglich im Zeise; www.landderwunder-film.de