Stefan Pucher inszeniert „Charles Manson – Summer of Hate“ am Thalia Theater

Der Regisseur Stefan Pucher gilt als einer, der mit hoher Pop-Affinität Klassiker surreal veredeln kann. Einmal im Jahr wagt er sich auf das dünne kreative Eis eines Projekts. Diesmal am Thalia Theater. Ausgerechnet der lebenslang in Kalifornien einsitzende Massenmörder Charles Manson dient ihm als Vorlage für ein Musical. „Charles Manson – Summer of Hate“ hat am Freitag Premiere im Haus am Alstertor.

Inspiriert von einem Song für eine andere Inszenierung entdeckte Pucher Manson, den Musiker. Einen Songwriter-Poeten, der Neil Young und Dennis Wilson kannte und der beinahe einen Plattenvertrag ergattert hätte. Zu entsetzlicher Berühmtheit gelangte aber Manson, der Mordanstifter und Sektenführer, als er Jünger seiner Hippie-Kommune „The Family“ in einer Woche acht Menschen, darunter die hochschwangere Schauspielerin Sharon Tate, abschlachten ließ. Mit den Morden war auch ein Stück romantische Gegenkultur, das ernsthafte Ausprobieren anderer Lebensentwürfe, in den USA für immer zu Ende.

Pucher fragt sich nun, ob all dies nicht nur wegen des abstrusen Gedankensystems Mansons geschah, der mit den Morden einen Rassenkrieg gegen Schwarze anzetteln wollte, sondern auch mit dessen ausbleibenden Erfolg als Künstler zu tun hatte. „Manson hatte das Extrovertierte, den Kontrollwahn, den Machismo, genauso wie John Lennon auch“, sagt Pucher. Er sei ein Monster und Psychopath, aber eben auch ein Konzeptkünstler gewesen. „Seine Songtexte sind aussagekräftig. Er hatte eine Rhetorik und ein künstlerisches Potenzial, baute sich einen Kosmos, der überschaubar ist und in den er alles einordnen kann.“ Das habe er mit Künstlern wie Joseph Beuys oder Jonathan Meese gemein.

Der Abend, angelegt als szenisches Konzert unter Mitwirkung der Band Trümmer, verwertet dokumentarische Schlüsselszenen. Der früh kriminelle Manson verbrachte nur wenige Jahre seines Lebens auf freiem Fuß. „Sein Blick auf die Welt ist der aus dem Gefängnis, und von dort kommend landete er 1967 direkt in Haight Ashbury in San Francisco“, so Pucher. „Mit seiner Knastphilosophie ist er dort schnell sehr weit gekommen. Er war fasziniert davon, wie schwach die Leute waren. Sie brachen auf, verließen ihre Eltern, suchten ein Wertesystem und trafen auf sein Gefängnis-System. Eines, das wir wiederum selbst produziert haben.“

Pucher reflektiert über eine Zeit im Los Angeles der 1960er-Jahre, in der ein von Drogen und Sex entfesselter Hedonismus oft in Satanismus umkippte. „Alles war gleich gut. Dieses Relativistische kam einer Auslöschung von Werten gleich.“ Pucher zeigt sich gleichermaßen fasziniert davon, dass Manson für die Morde, die er selbst nicht begangen hat, erst die Todesstrafe, dann eine Umwandlung in Lebenslänglich erhielt. „Er wurde verurteilt, weil er unser aller brave Kinder ins Böse getrieben hat.“

Charles Manson: „Summer of Hate – Das Musical“ Uraufführung Fr 26.9., 20.00, auch So 28.9., 19.000, Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten zu 13,50 bis 66,- unter T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de