So spannend wie andere „Tatort“-Folgen ist „Mord ist die beste Medizin“ aus Münster vielleicht nicht; dafür unterhält das Duo Boerne/Thiel bestens

Im neuen Münsteraner „Tatort“ verteidigen Kriminalkommissar Frank Thiel und Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne ihren Ruf, die vergnüglichste Männerfeindschaft im deutschen Fernsehen zu unterhalten, derart spielend, dass die Folge auch jenen Zuschauern Kurzweil verspricht, denen bei diesem Duo die kriminalistische Spannung oft zu kurz kommt. Jan Josef Liefers (Boerne) und Axel Prahl (Thiel) liefern sich ihre Wortgefechte im zwölften Jahr auf essenziellem Niveau, dabei auf nahezu schwerelose Art. Was immer an Nuancen sie aus ihrem unerschöpflich scheinenden Schauspielerrepertoire abrufen, setzen sie mit beiläufiger Präzision ein. Und dass es im vorzüglichen Drehbuch von Dorothee Schön erstmals zu so etwas wie vagen Zuneigungsbekundungen zwischen den beiden kommt, registriert man als Zuschauer mit Freude.

Denn auch wenn sie den jeweils anderen für eine Strafe Gottes halten: Sie mögen sich insgeheim eben doch. Diesmal, in „Mord ist die beste Medizin“, kommt sich das kurzweilig dysfunktionale Paar bei Ermittlungen im Krankenhausmilieu hilfreich in die Quere.

Im Botanischen Garten wurde ein Mann von einem Unbekannten in tiefe Ohnmacht befördert. Die zehnjährige Mia (Lena Meyer) schwört, sie könne den Täter anhand der Stimme identifizieren. Boerne machen derweil selbst diagnostizierte Flecken auf seiner Leber Sorgen. Zu viel Genuss, oder etwa doch Anzeichen von Krebs? Weil er den Chefarzt kennt, begibt sich Boerne als Patient ins Sanus Klinikum, eben jenes Krankenhaus, in das der Mann vom Botanischen Garten eingeliefert wurde.

Auf der Krebsstation muss Boerne den Raum mit dem Chemopatienten Göbel teilen, der erstaunlich fidel wirkt. Der stets bildschirmfüllende Josef Ostendorf macht aus diesem wie eingebildet Kranken ein Riesenbaby mit Häkelkissen unterm Clownsschädel und einer Vorliebe für Volksmusik. Boernes Pest auf zwei Beinen. Herrlich. Manchmal laufen Schauspieler-„Tatorte“ wegen allzu viel Selbstdarstellung der Theaterleute aus dem Ruder; der Regisseur Thomas Jauch aber hält diese Folge auf Idealkurs zwischen guter Geschichte und Gib-dem-Affen-Zucker-Schauspielerparade.

Im Sanus Klinikum laufen Sauereien, bei denen aus Profitgier der Tod von Patienten in Kauf genommen wird. Der Hintergrund ist also gar nicht lustig, aber das macht Komödien erfahrungsgemäß besser.

Boerne ermittelt im Krankenhaus, während seine Assistentin Silke Haller (Christine Urpsruch) ohne ihren Chef zu Hochform aufläuft. Als der leutselige Misanthrop schließlich zurückkehrt, versichert er die Untergebene seiner Unentbehrlichkeit mit dem flotten Satz: „Geben Sie’s zu, Alberich, die Arbeit ohne mich ist möglich, aber sinnlos.“

Für Hamburger „Tatort“-Gucker ist Thiel selbstverständlich der beste Repräsentant unserer Stadt, den die Serie je haben wird. „Moinsen!“, knurrt das kurzbreite nordische Hoch jeden zur Begrüßung an. „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ ist sein Handyklingelton, „Alberich“ Haller bekommt von ihm zum Geburtstag eine St.-Pauli-Devotionalie geschenkt.

Auch die Nebenrollen sieht man mit Freuden mit an diesem Fall knobeln. Bestens besetzt sind auch die Bösen und die zwischen Gut und Böse. Nagende Spannung geht anders, zugegeben. Doch unter Niveau amüsiert sich hier keiner, und wär’s nur wegen des soignierten Stinkstiefels Boerne. Lieblings-Bonmot aus dieser an Boerne-Bonmots reichen Folge: „Am liebsten sind mir die Menschen, deren Bekanntschaft mir erspart bleibt.“

„Tatort: Mord ist die beste Medizin“, So 21.9., 20.15 Uhr, ARD