Am Sonnabend machen 42 Bühnen mit 300 Programmpunkten Lust auf die Spielzeit

Wo anfangen, und wo aufhören? Diese Fragen stellen sich nicht nur so manchem Regisseur bei Inszenierungen, seit 2004 auch alljährlich Anfang September hiesigen Theatergängern und solchen, die es werden könnten.

Die Hamburger Theaternacht, die an diesem Sonnabend zum elften Mal über die Bühnen der Stadt geht, ist aus dem hanseatischen Kulturleben nicht mehr wegzudenken. Für manche beginnt die Spielzeit damit erst richtig, andere der etwa 15.000 erwarteten Besucher entdecken speziell an diesem Abend für sie bisher unbekannte Spielstätten. 42 öffnen diesmal ihre Türen – mehr als in der Hauptstadt Berlin oder in einer anderen deutschen Metropole. „Hamburg ist eine gelebte Theaterstadt“, sagt Thalia-Intendant Joachim Lux, einer von vier Vorstandsmitgliedern des Vereins Hamburger Theater, mit der Agentur Inferno Veranstalter des Kultur-Happenings.

Ob Staatstheater wie Thalia, Schauspielhaus und Staatsoper, die Kampnagelfabrik, die großen und mittelgroßen Privattheater bis hin zu den Mini-Bühnen echtzeit-Studio in Winterhude und Theater in der Washingtonallee in Horn – fast jede Hamburger Spielstätte präsentiert sich in der Theaternacht mit Appetithäppchen, die meisten verbunden mit eigener Haltestelle auf einer der sechs Sonderbuslinien. Mehr als 300 Programmpunkte sollen den Zuschauern facettenreiche Ein- und Ausblicke bieten in Drama, Performance, Komödie, Krimi, Kabarett, szenische Lesung, Tanz- oder Musiktheater.

Erstmals am Start sind das Gruenspan Off-Box und das Fundus Theater. Im Gruenspan, vielen bisher nur als Musikclub bekannt, spielen Darsteller um 20 Uhr Ausschnitte des 60er-Jahre Broadway-Hits „Dreamgirls“ und des Off-Musicals „Rent“ (22Uhr), das schon im Winter das Kiezclub-Programm bereicherte. Das Forschungstheater Fundus (Hasselbrookstr. 25) zeigt bereits ab 16 Uhr für Menschen ab vier Jahren Szenen der zweisprachigen Türenkomödie „Onetwothree 1 2 3“. Als eines von zehn Theatern mit Kinderprogramm möchte parallel auch das Ohnsorg in seinem Studio mit dem neuen Stück „Die große Wörterfabrik – Wöör mit Kulöör“ bilingual anregen.

Bevor am Heidi-Kabel-Platz ab Mitternacht die Abschlussparty steigt, gibt es für Groß und Klein im ganzen Stadtgebiet genug zu entdecken. Etwa sonst kaum mögliche Einblicke in die Probenarbeit wie im Ernst Deutsch Theater ab 20 Uhr mit Regisseur Wolf-Dietrich Sprenger für das Drama „Heute bin ich blond“ oder in der Staatsoper sogar aktiv für Sangesfreudige beim „Wagner-Wahn zum Mitmachen“ von 19.30 bis 21.30 Uhr mit Chordirektor Eberhard Friedrich (Anmeldung: chorfueralle@staatsoper-hamburg.de).

Wer’s lieber passiv mag: Das Schauspielhaus lädt von 19.30 bis 21.30 Uhr zu jeder halben Stunde zu einer Kostümversteigerung aus dem Fundus. Fast schon ein Pflichttermin für besonders Theaterinteressierte ist diesmal die Gaußstraße: Wo bisher das Thalia, das Junge Schauspielhaus und die Theaterakademie teils provisorisch untergebracht waren, wird um 19 Uhr das Theaterquartier Altona eingeweiht.

Vier Häuser besuchen die Gäste in der Nacht im Durchschnitt, haben die Macher von Hamburger Theater e.V. herausgefunden. Mehr geht kaum. Kultursenatorin Barbara Kisseler schaffte im Vorjahr bei ihrer Theaternacht-Premiere immerhin zwei, Monsun und Ernst Deutsch. Ihr Eindruck: „Ich habe selten so viele gut gelaunte Leute gesehen. Dass Hamburg solch ein theaterinteressiertes Publikum hat, stimmt mich hoffnungsfroh.“ Und Hoffnung kann ja auch neugierig auf Neues machen.