Vanessa Jopps Komödie verarbeitet „Lügen und andere Wahrheiten“

Sie ist nackt. Jemand macht ein Bild von ihr, auf Leinwand. Sie will dafür bare Münze. Und dann heißt sie auch noch Vera. Die nackte Wahrheit also? Um die geht’s? Ja. Und Vera ist hier die einzige ehrliche Haut.

Natürlich liefert Vanessa Jopps Komödie „Lügen und andere Wahrheiten“ bequeme Steilvorlagen für den beliebten Zuschauer- und Kritikervorwurf, der Film sei aber ganz schön konstruiert. Zum Beispiel darf da, als Gegenfigur zu ihrer ausgebeuteten Assistentin Vera (Alina Levshin), Meret Becker als misstrauische Midlife-Crisis-Frau Coco ihrem Umfeld ausgiebig auf den Zahn fühlen: als Zahnärztin. Allerdings ist Coco selbst diejenige, die Wahrheiten am wenigsten verkraftet. Sie steht kurz vor der Heirat mit Carlos (Thomas Heinze), der von einer Halbwahrheit in die nächste Notlüge gerät.

Jopp („Meine schöne Bescherung“) gibt ihrem durchweg herrlichen Ensemble viel Raum zum Improvisieren. Das Ergebnis ist eine frei schwingende, dokumentarisch anmutende Komödie, in der eine ganze Menge Wahrheit über Selbstoptimierungen, Selbstlügen und die Ignoranz für den anderen steckt. Wohin man hier schaut, stimmt’s nicht, obwohl es so schön aussieht in dieser deutschen Großstadtwelt. In seinen besten Momenten erinnert „Lügen“ an die qualvoll nachvollziehbaren Charakterschrecklichkeiten Yasmina Rezas, die in Theaterstücken wie „Der Gott des Gemetzels“ die neuen Leiden einer zerfallenden Mittelschicht auf den Punkt bringt.

+++-- „Lügen und andere Wahrheiten“ D 2014, 106 Min., ab 12 J., R: Vanessa Joop, D: Meret Becker, Florian David Fitz, Alina Levshin, täglich im Blankeneser Kino, Cinemaxx Dammtor, Zeise; www.luegenundanderewahrheiten.de