Regisseur Anton Corbijn setzt im Thriller „A Most Wanted Man“ zu sehr auf seinen Star

Ein Mann zieht sich im Hafen mühsam aus dem Wasser der Elbe und geht an Land. Er zieht einen Kapuzenpullover an, der sein Gesicht verbirgt. Man sieht, wie er betet. Der rätselhafte Mann ist Issa Karpov (Grigoriy Dobrygin), ein Flüchtling mit russisch-tschetschenischen Wurzeln, der offenbar gefoltert worden ist. Sein Vater hat ihm sein illegal erworbenes Vermögen vererbt. Was will er jetzt mit dem Geld? Das möchten sowohl der US-Geheimdienst als auch die deutschen Schlapphüte wissen. Der Hamburger Chef des deutschen Dienstes ist Günther Bachmann (Philip Seymour Hoffman). Er möchte mit Karpovs Hilfe gern an die Hintermänner kommen, die Amerikaner, zum Beispiel CIA-Agentin Martha Sullivan (Robin Wright), hätten ihn zwar auch gern, verfolgen aber eine andere Strategie. Die Menschenrechtsanwältin Annabel Richter (Rachel McAdams) setzt sich für Karpov ein, der britische Banker Thomas Brue (Willem Dafoe) verwaltet das Erbe von Karpov treuhänderisch.

Alle Seiten haben Interessen, die sie weitestgehend für sich behalten. Es herrscht eine Atmosphäre des Misstrauens und der latenten Vorurteile. Als Folge der Terroranschläge des 11. September 2001 fürchten fast alle Seiten, dass sich solch ein Szenario wiederholen könnte. Ständig wird Karpov von Überwachungskameras ins Visier genommen. Die Bemühungen der verschiedenen Seiten um ihn ähneln einem Katz-und-Maus-Spiel.

John le Carrés Roman „Marionetten“, auf dem dieser Film basiert, erschien im Jahr 2008. Der britische Hamburg-Kenner wählte die Stadt als Schauplatz, weil er sich hier gut auskennt und weil einige der Terroristen des 11. September aus der Hansestadt kamen. Regisseur Anton Corbijn inszeniert den Film vor nass-kühlem herbstlichen Hintergrund. Dabei gelingen ihm beeindruckende melancholische Impressionen der Stadt. Die Geschichte ist sehr stark auf Hoffman zugeschnitten, der den Geheimdienstler als knorrigen Typen spielt, der Kette raucht, Whisky und Kaffee in Unmengen trinkt. Er zeigt hier in einer seiner letzten großen Rollen noch einmal, wie gut er gerade solche Typen verkörpern konnte. Allerdings setzt Corbijn, der niederländische Starfotograf, der mit „Control“ ein fulminantes Regiedebüt hinlegte, einfach zu viele Karten auf seinen Star, ähnlich wie er es mit George Clooney in „The American“ getan hat. Das Dickicht der Motivationen der einzelnen Dienste bleibt undurchsichtig, und die erstklassigen deutschen Darsteller, die mitspielen, wie etwa Nina Hoss und Daniel Brühl, dürfen nicht ansatzweise zeigen, was sie können.

+++-- „A Most Wanted Man“ GB/D 2014, 122 Min., ab 6 J., R: Anton Corbijn, D: Philip Seymour Hoffman, Willem Dafoe, Rachel McAdams, Nina Hoss, Daniel Brühl, täglich im Abaton (OmU), Cinemaxx Dammtor, Holi, Passage, Studio-Kino, UCI Mundsburg/Othmarschen, Zeise (OmU); www.senator.de/movie/a-most-wanted-man