Die Comic-Adaption „Hercules“ ist ein ironischer griechischer Sagen-Salat

Von allen Söhnen, deren Väter gleich nach ihrer Zeugung das Weite gesucht haben, hat es Herkules wohl am übelsten getroffen. Seine Mutter Alkmene verwechselte keinen Geringeren als Verwandlungskünstler Zeus mit ihrem eigenen Ehemann. Der kleine Halbgott Herkules fühlte sich fortan als Außenseiter und litt die Leiden eines Promi-Kindes: Sein leiblicher Vater war allgegenwärtig, aber nie wirklich für ihn da.

Kein Wunder, dass er einen ungesunden Jähzorn entwickelte. In einem besonders schweren Anfall erschlug Herkules die eigene Frau samt der Kinder, womit bewiesen war, dass der Sohn sich zumindest in Sachen Familienuntauglichkeit als seines Vaters ebenbürtig erwies. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet die Herkules auferlegte Strafe, die Erledigung von zwölf unerfüllbar erscheinenden Aufgaben, wurde zur Grundlage seines Rufes als legendärer Held der Antike.

Etwa an diesem Punkt setzt nun der Actionfilm „Hercules“ an, genauer gesagt, Bratt Ratners Verfilmung des Comics „Hercules: the Thracian Wars“ von dem im März dieses Jahres verstorbenen britischen Künstler Steven Moore. Hier wird die Legende gewissermaßen einer postmodernen Kur aus psychologischer Deutung und Medienkritik unterzogen. Wie Sven Taddicken vor ein paar Jahren in seinem sträflich übersehenen Störtebeker-Abenteuer „12 Meter ohne Kopf“, erzählt auch „Hercules“ eine Geschichte hinter der Geschichte.

Der Held (Dwayne Johnson) stürzt immer wieder in Selbstzweifel, woraufhin die Mitstreiter aus seiner Söldnertruppe alle Hände voll zu tun haben, den Ruf ihres Chefs aufrechtzuerhalten. Schließlich ist das Image von Hercules ihr größtes Kapital und kontrollierte mündliche Überlieferung nichts anderes als die frühe Form einer Marketingkampagne. Die schwerste der Herkules-Arbeiten wird für Hercules, so schnell wie möglich festzustellen, wer er wirklich ist, ob er den Mut hat, sich seiner Vergangenheit zu stellen und das Zeug, der eigenen Legende gerecht zu werden.

Eine erste Gelegenheit dazu bietet sich, als Hercules den Auftrag bekommt, an der Seite des zwielichtigen Königs Coyts (John Hurt) im thrakischen Bürgerkrieg zu kämpfen. Mit ihm in die Schlacht zieht unter anderen der Wahrsager Amphiaraus. Wie dieser von Ian McShane mit großer Lust gespielte Veteran seinem selbst vorhergesehenen Heldentod entgegenfiebert, bringt auf den Punkt, mit welch schöner Ironie dieser Film Begriffe wie Schicksal, Ehre und Pflichtbewusstsein bisweilen dekonstruiert. Doch auch die Freunde des Grobschlächtigen kommen hier nicht zu kurz, zumindest soweit es die FSK-Freigabe ab 12 Jahren zulässt. Muskelpaket Hercules erhält reichlich Gelegenheit, seinen imposanten Körper auf dem Schlachtfeld zu Markte zu tragen. Und gerät so schließlich in die Lage, über sein erwachtes Körperbewusstsein auch den Geist neu auszurichten.

Allein die dabei zu überwindenden darstellerischen Klippen sind es, an denen der ehemalige Wrestling-Star Dwayne „The Rock“ Johnson ganz unheroisch scheitert. Fast immer ein kleines Grinsen auf den Lippen, mag man dem schwer sympathischen, aber eben doch sehr irdischen Action-Helden die aufoktroyierte psychologische Tiefe nicht wirklich abnehmen.

+++-- „Hercules“ USA 2014, 98 Min., ab 12 J., R: Brett Ratner, D: Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, John Hurt, Rebecca Ferguson, täglich in 3-D im Cinemaxx Dammtor (auch OF)/Harburg/Wandsbek, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; www.hercules-movie.de