75 Jahre nach dem Überfall deutscher Truppen auf Polen zeigt das ZDF „Zweiter Weltkrieg“, einen deutsch-polnischen Dokumentarfilm.

Es ist gerade einmal 75 Jahre her, da löste das Deutsche Reich den Zweiten Weltkrieg aus. Am 1.9.1939 überfielen deutsche Truppen Polen. Am Ende des Zweiten Weltkrieges sechs Jahre später hat das Dritte Reich nicht nur den schlimmsten bewaffneten Konflikt der bisherigen Menschheitsgeschichte zu verantworten, der mindestens 60 Millionen Menschen weltweit das Leben kostete. Der Holocaust, der industrialisierte Massenmord an Juden, Sinti, Roma und allen anderen, die die nationalsozialistische Diktatur als „lebensunwert“ befunden hat, ist zum unauslöschlichen Teil deutscher Geschichte geworden.

Prominente Zeitzeugen wie Roman Polanski und Andrej Wajda sind dabei

Das ZDF zeigt am heutigen Dienstag den ersten Teil der zweiteiligen Doku „Zweiter Weltkrieg“. Parallel läuft der Film im polnischen Fernsehen. „Über den Kriegsverlauf und seine Folgen gibt es eine große Zahl von Abhandlungen und Filmen, in Polen wie in Deutschland“, sagt Stefan Brauburger, Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte, „doch allzu selten noch sind Schritte gemeinsamer Aufarbeitung und Erinnerung – über die historischen Gräben hinweg. Wir wollen einen solchen Schritt zusammen mit unseren polnischen Partnern gehen und Brücken schlagen“. Und Andrzej Godlewski, stellvertretender Programmdirektor des polnischen Senders TVP1, fügt hinzu: „Wenn Deutsche und Polen mit gleichen Inhalten und Bildern, mit denselben Zeitzeugen auf beiden Seiten gemeinsam an dieses dunkle Kapitel ihrer Geschichte erinnern, so ist das ein wichtiger Schritt gegen das Vergessen und für die gegenseitige Verständigung.“

Die deutsch-polnische Koproduktion zeigt in einer Mischung aus Archivaufnahmen, Einschätzungen von renommierten Historikern, Zeitzeugenberichten und szenischen Umsetzungen den Weg zum Überfall auf Polen und die Hintergründe. Prominente Zeitzeugen wie die Regisseure Roman Polanski und Andrej Wajda schildern ihre Erinnerungen an den Kriegsausbruch genauso wie ein deutscher Pilot, der am frühen Morgen des 1. September 1939 das Dorf Wielun bombardierte. Ian Kershaw, der Verfasser der als Standardwerk geltenden Hitler-Biografie, charakterisiert in „Zweiter Weltkrieg“ den Unterschied zu vorangegangenen bewaffneten Auseinandersetzungen so: „Dieser Krieg war völlig anders als jeder Krieg zuvor, selbst als der Erste Weltkrieg. Denn in seinem Kern barg er den Völkermord.“ Anzeichen dafür, dass es dem Dritten Reich um weit mehr als einen Eroberungsfeldzug ging, gab es auch für Zeitzeugen wie Budzimira Wojtalewicz, damals Angehörige der polnischen Minderheit in der Stadt Danzig: „Man hat uns mit Steinen beworfen, wenn wir in Pfadfinderuniformen auf der Straße waren, uns als „polnische Schweine“ beschimpft.

Wajda erzählt vom Abschied von seinem Vater, einem Offizier der polnischen Infanterie, den er nach seiner Einberufung kurz vor Kriegsausbruch nie wieder sah. Herschel Glanz war eines der letzten jüdischen Kinder, die vor Kriegsausbruch mit einem „Kindertransport“ nach Großbritannien ausreisen durften. Er erzählt, dass seine Mutter ihn beruhigt hätte, der Rest der Familie würde bald nachkommen. Glanz’ Eltern und sein jüngerer Bruder wurden in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern ermordet.

Die Mischung aus historischer Einordnung und persönlichen Schicksalen, zusammen mit den teils noch nie gezeigten Archivaufnahmen machen „Zweiter Weltkrieg“ zu einer sehr eindringlichen Dokumentation. Ihr Ziel, die Erinnerung daran wachzuhalten, dass von Deutschland vor gerade einem Menschenalter ein Krieg ausging, der in seinem Ausmaß, in seiner menschenverachtenden Ideologie und seinem Wahn von der „Herrenrasse“ jeglichem Vergleich spottet, erreicht sie ohne Weiteres.

Dass sie von Deutschen und Polen gemeinsam produziert wurde und von deutschen und polnischen Fernsehzuschauern gleichzeitig gesehen werden kann, stimmt zuversichtlich für ein Europa des Friedens.

„Zweiter Weltkrieg – Der erste Tag“, 20.15 Uhr, ZDF (Teil zwei am 9. September)