In den nächsten drei Jahren sollen bei „Stern“, „Brigitte“ und Co. 75 Millionen Euro eingespart werden

Hamburg. Das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr (G+J) muss sparen, über die konkreten Ausmaße wurde bisher allerdings nur spekuliert. Jetzt hat sich das Unternehmen, das Zeitschriften wie „Stern“, „Brigitte“ und „Geo“ verlegt, erstmals mit Zahlen zu Wort gemeldet: In den kommenden drei Jahren, so hat es der Vorstand beschlossen, sollen durch eine „signifikante Reduzierung der Sach- und Personalkosten“ 75 Millionen Euro eingespart werden. Für die 2400 Mitarbeiter von G+J Deutschland, von denen laut Verlag mehr als 2000 am Standort Hamburg beschäftigt sind, heißt das, dass jeder Sechste innerhalb der nächsten drei Jahre seinen Job verlieren könnte: Bis zu 400 Stellen sollen schrittweise abgebaut werden.

Und das nicht mehr länger nur durch die Ausnutzung von Fluktuation, von Rentenbeginn und Altersteilzeit, also der einfachen Nicht-Nachbesetzung frei werdender Stellen. Betriebsbedingte Kündigungen werden explizit nicht mehr ausgeschlossen. Ebenso betont das Verlagshaus, dass alle Bereiche seiner deutschen Unternehmungen von den Kürzungen betroffen sein werden. Ausgenommen sind nur die Mehrheitsbeteiligungen Motor Presse Stuttgart und das Dresdner Druck- und Verlagshaus. Laut einer internen Mitteilung, die dem Abendblatt vorliegt, sollen die ersten konkreten Maßnahmen bereits in den kommenden Wochen umgesetzt werden, eine „große Kündigungswelle im Herbst“ wird aber ausgeschlossen. Mit weniger Mitarbeitern mehr und bessere Produkte zu machen, das sei die „vielleicht größte Herausforderung für unsere Organisation“, so das Memo weiter. Die könne nur gelingen, wenn man sich auf die „wirtschaftlich stärksten Felder mit der größten Zukunftsperspektive“ fokussiere.

Auslöser für die massiven Einsparungen ist dabei nicht nur die umfassende Umgestaltung, in der sich G+J seit gut einem Jahr befindet – die Magazine und Onlineportale wurden zu „Communities of Interest“ gebündelt, der Wirtschaftsbereich fast aufgelöst, Redaktionen von München nach Hamburg gerufen –, sondern auch die gesunkenen Erlöse. Die Vorstandsvorsitzende Julia Jäkel betont zwar, dass sich das Haus im Vertriebs- und Anzeigenmarkt bei vielen Titeln besser entwickele als die Konkurrenz: „Trotzdem müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich die Marktbedingungen grundlegend verändert haben.“

Konkrete Zahlen zur Geschäftsentwicklung der vergangenen Monate liegen noch nicht vor, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nennt aber bereits einen Umsatzrückgang um rund 100 Millionen Euro auf 900 Millionen und mutmaßt, dass auch das operative Ergebnis um fast ein Drittel auf nur noch 80 Millionen Euro gesunken sein dürfte. Daran sind auch die Verkäufe dieses Jahres schuld. So trennte sich G+J vom US-Druckbetrieb Brown Printing und dem Fachverlag Entertainment Media. Beide Firmen hätten laut interner Mitteilung keine „strategische Relevanz“ mehr, der Verkauf der Druckerei wird sogar als „wichtiger Meilenstein bei der weiteren Umsetzung unserer Transformationsstrategie“ bezeichnet.

Transformation, das bedeutet bei G+J vor allem die Umstrukturierung zu einem „Haus der Inhalte“, das neben klassischen Printprodukten verstärkt auf Online-Auftritte, Apps und andere Digitalia setzt. Die Sparte G+J Digital wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den Bereichen gehören, die das fünfseitige verlagsinterne Memo als die Bereiche benennt, „in denen wir mit Blick auf Wachstumsgeschäfte Personal aufbauen“. In den Redaktionen der Magazine hingegen wird gespart werden. Das Branchenportal Meedia berichtet von rund 60 Stellen beim ohnehin durch den überraschenden Chefredakteurswechsel vor zwei Wochen gebeutelten „Stern“, von 30 Jobs, die beim Frauenmagazin „Brigitte“ auf der Kippe stünden, und von weiteren 15 bei „Geo“.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) Michael Konken mahnte am Mittwoch: „Wer sich zum ‚Haus der Inhalte‘ wandeln will, darf nicht bei den Inhalten den Rotstift ansetzen.“ Marina Friedt, die Landesvorsitzende des DJV Hamburg, wies daneben auf die besondere Bedeutung von G+J für den Medienstandort Hamburg hin. Gegenüber dem Abendblatt äußerte Carsten Brosda, der Medienbeauftragte der Stadt Hamburg, die Hoffnung, das der Einschnitt „sozialverträglich ausgestaltet werden kann und „dass es Gruner + Jahr dadurch gelingt, das Geschäft mit journalistischen und medialen Inhalten auch im digitalen Zeitalter profitabel zu halten“. Der Senat könne dem Veränderungsdruck, unter dem die Medienbranche stehe, „in erster Linie mit guten Rahmenbedingungen am Standort und mit einer Medienordnung auf der Höhe der Zeit“ begegnen.