Im Krimi-Programm des Harbour Front Festivals: Slaughter, Billingham, Vallgren, Wagner und Colfer

Es müssen Ignoranten sein, die dem allseits beliebten Literaturgenre „Krimi“ nicht nur nichts abgewinnen können, sondern es grundsätzlich sogar despektierlich ins leichtere Fach verorten, weil Krimis eben stilistisch meist eher unambitioniert sind. Ihnen sei gesagt: Erstens gibt es auch handwerklich avancierte Krimis. Zweitens ist das leichte Fach auch deshalb so wichtig, weil man dann erst weiß, wie schwer das schwere ist.

In Hamburg gibt es, wie überall sonst auch, ein großes Publikum für Kriminalromane und Thriller. Es gibt das Krimifestival auf Kampnagel, das jedes Jahr im Herbst stattfindet und eine Institution ist. Aber auch beim Harbour Front Festival darf ein gut besetztes Krimiprogramm nicht fehlen. Hamburgs wichtigstes Lesefest hat sich ja selbst den Auftrag gegeben, ein Publikumsfestival zu sein, das in vielen Gattungen sowohl die wichtigsten Autoren des Augenblicks als auch Klassiker in die Stadt holt.

Frank Schätzing und Don Winslow sind irgendetwas dazwischen. Die beiden Großmeister des Spannungsromans haben beide neue Werke am Start, sind unter dem Harbour-Front-Personal aber nicht die einzigen Millionenseller: Karin Slaughters Bücher zum Beispiel haben sich weltweit 70 Millionen Mal verkauft – wie überhaupt es gerade die Genreliteratur ist, die keine Grenzen kennt. Slaughter ist nicht zum ersten Mal in Hamburg, diesmal liest sie aus einem Buch, das „Bittere Wunden“ heißt – natürlich gehört auch die etwas einfältige Titelei in die Welt der Krimis. „Bittere Wunden“ erzählt von einer spurlos verschwundenen Studentin, bei der Suche wird Ermittler Will Trent mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert. Aus dieser persönlichen Verwicklung entspinnt sich ein grausames Netz aus Verrat, Korruption und Hass: Sachverhalte, die in einem ordentlichen Krimistoff selten fehlen dürfen.

In der englischsprachigen Kriminalliteratur gilt Mark Billingham derzeit als eine der besten Stimmen, er hat in Karin Slaughter eine Art Edelfan – „Weltklasse“ hat ihm die Kollegin attestiert. Sein in der englischen Heimat schon sehr erfolgreicher Psychothriller „Die Lügen der anderen“, den Billingham auf seiner Lesung vorstellt, entwickelt in einem klassischen Setting ein packendes Kammerspiel: Drei Paare, die sich im Urlaub kennengelernt haben, verabreden sich zum dreimaligen gegenseitigen Bekochen.

Es sind dabei aber nicht die Leistungen am Herd, die sie einander entfremden, sondern heftige Verdachtsmomente bei allen, dass die anderen jeweils unangenehme Dinge verheimlichen: die berühmte Fassade, hinter der alles anders ist, als es scheint. Und um jene grundsätzliche Bedingung des menschlichen Miteinanders noch etwas spezieller zu machen, gibt es auch eine Leiche. In der letzten Nacht vor der gemeinsamen Abreise aus dem Urlaub verschwand ein Mädchen aus dem Hotel, das später tot in den Sümpfen gefunden wurde. Irgendetwas ist faul.

„Hinterher ist man immer tot“ – schon richtig, aber bei Eoin Colfers Krimistücken fiebert man doch immer sehr eindeutig mit seinem Helden, dem eitlen Exsoldaten Daniel McEvoy, der in dem aktuellen Buch des Iren in New York durch den Dreck waten muss und manchmal gar nicht weiß, wie ihm geschieht. Colfer zählt zum Krimi-Adel, sein Werk ist vielfach preisgekrönt – und wenn er jetzt nach Hamburg kommt, dann tut er das natürlich auch als Vertreter der prominenten angloamerikanischen Krimiliteratur, die neben der skandinavischen am exportstärksten ist. Womit wir bei Carl-Johan Vallgren wären, der aus Schweden stammt und auf dem Festival seinen Roman „Schattenjunge“ vorstellt.

Vallgren wird besonders für sein stilistisches Können gelobt, er verlässt sich handwerklich nicht auf Genre-Vorgaben, die sich gerne mal in Stereotypen erschöpfen. In „Schattenjunge“ erzählt Vallgren von dem rätselhaften Verschwinden zweier Kinder und dem großen Abgrund, der sich hinter einem Familienimperium auftut. Die Hölle, das ist eben oft das Vertraute.

Und Jan Costin Wagner ist unser Mann im Krimi-Business: Die Romane des 1972 geborenen Hessen wurden mittlerweile in 14 Sprachen übersetzt. Auch in Hamburg rettet der preisgekrönte Autor die deutsche Krimi-Ehre. In seinem bislang jüngstem Buch, „Tage des letzten Schnees“, muss sein beliebter finnischer Ermittler Kimmo Joenta einen Mädchenmord aufklären und außerdem das Ableben zweier Menschen, die tot auf einer Parkbank gefunden werden: Nichts für sensible Seelen, wieder einmal.

Karin Slaughter 12.9., 20 Uhr, St. Katharinen Eoin Colfer 15.9., 20 Uhr, St. Katharinen Jan C. Wagner 16.9., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich Mark Billingham 18.9., 18 Uhr, St. Pauli Kirche Carl-Johan Vallgren 19.9., 20 Uhr, Kühne Logistics UniversityKarten zu je 15€, im Falle Jan Costin Wagners zu 14€ unter T. 30309898