Die Theater-Revue „Ich weiß nicht zu wem ich gehöre“ stellt Beziehungsfragen

Eine Revue also. Aber eine, die mehr sein will, als eine bloße Aneinanderreihung von launigen Liednummern. Regisseur Torsten Fischer, zuletzt mit „Jumpy“ an gleicher Stelle präsent, bringt zur Spielzeiteröffnung des Ernst Deutsch Theaters am 21. August die Song-Montage „Ich weiß nicht zu wem ich gehöre“ heraus. Die Produktion lief bereits mit Erfolg am Berliner Renaissance-Theater. Auf den ersten Blick denkt man, gut, es geht um Rollenbilder, Männer und Frauen und warum sie nicht ohne aber auch so recht nicht miteinander können. Das Thema ist ein Selbstgänger.

Der Hintergrund ist ein durchaus ernsthafter. Schließlich ist Fischer, der von 1995 bis 2003 Schauspieldirektor in Köln war und zahlreiche Stücke der feministischen Dramatikerin Marlene Streeruwitz zur Uraufführung brachte, eigentlich ein ausgewiesener Dramenfachmann. Boulevard sei sehr schwer, sagt Fischer. Das würden nur wenige können. „Ich kann’s. Weil ich eine Begründung dafür habe. Im Dritten Reich wurde die Kunst des Entertainments in Deutschland ausgemerzt.“ Fischer inszeniert im Geiste des Aufbruchs der Vorkriegsjahre. Der beste Autor der Unterhaltungskultur sei Friedrich Hollaender gewesen. „Hollaender muss den neuen Generationen erhalten bleiben mit seinem Sprachwitz und seinem Zynismus.“ In dieser Tradition, auch in jener von Georg Kreisler, steht dieser Revue-Abend, den Fischer gemeinsam mit dem Dramaturgen Herbert Schaefer entwickelt hat. Für Fischer ist die Unterscheidung in U und E unsinnig, das lehre schon die Urform des griechischen Theaters. „Da gab es immer die Möglichkeit zu lachen und zu weinen.“

Guntbert Warns singt Lieder von Elvis Presley bis Udo Lindenberg

Die Revue beginnt mit den typischen Geschlechterkämpfen anhand des Vorspiels auf dem Theater aus Goethes „Faust I“. Die Protagonisten Faust, Mephisto, Gretchen und die Nachbarin durchleben alle Katastrophen der heterosexuellen Beziehung von Kennenlernen über Verführung, Eifersucht, Partnerwechsel bis hin zum Mord. Nach der Pause setzt sich der Abend dann über alle Gewissheiten hinweg. Männer spielen Frauen und umgekehrt. Die Fragen der Zugehörigkeit bleiben dieselben.

Der Schauspieler Guntbert Warns etwa singt in Frauenkleidern über „Das bisschen Haushalt“. Ein Paar streitet über die Begriffe „Marmelade“ und „Konfitüre“. „Das wird sehr komisch, aber niemals tuntig. Es bleibt literarisch“, so Fischer. Die Texte stammen von Shakespeare, Tucholsky, Wedekind und Brecht/Weill. Das singfreudige Ensemble aus Andreas Bieber, Anke Fiedler, Roberto Guerra, Anika Mauer und Guntbert Warns gibt weitere Lieder von Elvis Presley bis Udo Lindenberg zum Besten. Am Ende von vielerlei Turbulenzen herrscht ein heilloses Durcheinander und den Akteuren dämmert die Erkenntnis: „Eigentlich ist das alles nebensächlich. Man muss die Fehler des anderen – oder auch des eigenen – Geschlechts lieben lernen.“

„Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ Premiere Do 21.8., 19.30, Vorstellungen bis 27.9., Ernst Deutsch Theater (U Mundsburg), Friedrich-Schütter-Platz 1, Karten zu 20,- bis 39,-: T. 22 70 14 20; www.ernst-deutsch-theater.de