Dominik Wichmann muss überraschend nach nur anderthalb Jahren gehen, Christian Krug wird Nachfolger

Hamburg . Im Editorial des „Stern“ begrüßte Chefredakteur Dominik Wichmann, 42, am Donnerstag seine Leser noch mit der Erläuterung der letzten Layout-Änderungen, die ab der aktuellen Ausgabe „noch stärker als bisher Inspiration für die Themen des Wochenendes“ bieten sollen, und betonte die gute Entwicklung bei den Abonnements im vergangenen halben Jahr. Da begannen sich Berichte in Fachportalen zu häufen, die nahelegten, dass Wichmann – erst seit Mai vergangenen Jahres an der Spitze des „Stern“ – kurz vor seiner Ablösung stehe, auch ein Nachfolger sei bereits gefunden.

Noch am Vormittag beantwortete der Verlag Gruner + Jahr Anfragen nach dem möglichen Personalwechsel an der Spitze seines Flaggschiffs als „Medienspekulationen“, die man grundsätzlich nicht kommentiere. Am Nachmittag war dann klar: Dominik Wichmann wird als Chefredakteur des „Stern“ abgelöst, und das mit sofortiger Wirkung. An seine Stelle tritt zum 1. Oktober der 48 Jahre alte Christian Krug, aktuell Chefredakteur der ebenfalls bei Gruner + Jahr erscheinenden People-Zeitschrift „Gala“. Bis dahin übernimmt der Herausgeber des „Stern“ und ehemalige Chef Andreas Petzold die Geschäfte.

Zu den Gründen für die abrupte Trennung von Wichmann äußerte der Verlag sich nicht, stattdessen bedankte sich die Vorstandvorsitzende Julia Jäkel für „die inspirierende Zusammenarbeit“ und betonte, der soeben Geschasste würde „Gruner + Jahr und den ‚Stern‘ mit bester Reputation verlassen“. In verschiedenen Medienberichten werden derweil Punkte wie Führungsprobleme, die Umsetzung der neuen Redaktionsstruktur und sein Eintreten gegen einen allzu rigorosen Sparkurs als Hintergrund für die laufenden „Trennungsgespräche“ mit Wichmann gehandelt.

Dass das Flaggschiff des Verlages inhaltlich unter Wichmann wieder auf Kurs gekommen ist, wird ihm in der Branche bescheinigt. Das war ein Ziel Wichmanns: „Der ,Stern‘ muss immer auch an eine politische und gesellschaftliche Aktualität angebunden sein.“ Dass er die Auflagenentwicklung angesichts veränderter Mediennutzung nicht wieder auf Höhenflüge bringen würde, war dem Blattmacher klar: „Werden wir den Rückgang verlangsamen? Ja ...“ Zwar konnte er den Fall unter 800.000 verkaufte Exemplare auch 2014 nicht stoppen, doch Wichmanns Ansatz war breiter gefasst: „Mir geht es darum, den ,Stern‘ zu einem Markenkonzept zu machen.“

Hinter der Personalie mit Paukenschlag verblassen derweil weitere Umstellungen im Verlag, die möglicherweise weit schwerer wiegen als der Austausch eines einzelnen, wenn auch sehr profilierten Chefredakteurs. Wie das Fachmagazin „Horizont“ unter Berufung auf Aufsichtsratskreise berichtet, sei das operative Verlagsergebnis im ersten Halbjahr 2014 um fast ein Viertel gesunken, der Umsatz hingegen um nur zehn Prozent. Wolle man weiterhin Gewinn erwirtschaften, stünden massive Kürzungen ins Haus, quer durch alle Objekte. Wurde bisher in Personalfragen auf „natürlichen Stellenabbau“ gesetzt – vulgo: Stellen, die durch Ruhestand oder Ende eines befristeten Vertrags frei werden, werden nicht nachbesetzt –, stehen nun auch betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Unter bestimmten Voraussetzungen, so zitiert „Horizont“ einen Verlagssprecher, gebe es „einzelne Teilbereiche“, die vor der Schließung stünden. Und dann könnte es auch Entlassungen geben, nicht mehr nur Umstrukturierungen.

Denn anstehende Investitionen von Bertelsmann in den kommenden Jahren, die sich auf rund eine halbe Milliarde Euro für Zukäufe, Technik und Restrukturierung belaufen, sollen über Verlagsgewinne refinanziert werden, dafür ist der Mutterkonzern sogar bereit, teilweise auf Gewinne und Dividenden zu verzichten.

Hinzu kommt, dass abseits der verlagsinternen Umbau- und Einsparmaßnahmen auch noch das vor wenigen Monaten bekannt gewordene Programm Operational Excellence des Mutterkonzerns Bertelsmann der Umsetzung harrt. Der Medienkonzern will Prozesse und Strukturen in den Bereichen Finanzen, Personal, IT und Einkauf modernisieren, eine zumindest teilweise konzernweite Zentralisierung dieser Abteilungen wurde zumindest vom Betriebsrat von Gruner + Jahr bereits im März befürchtet.