„Gott verhüte“ ist eine sommerleichte Komödie mit treffsicherem Balkan-Humor

Das kroatische Kino ist, sieht man einmal von den „Winnetou“-Filmen ab, die in grauer Fernseh-Urzeit im dalmatinischen Hinterland gedreht wurden, hierzulande fast vollkommen unbekannt. Mit der Komödie „Gott verhüte“ könnte sich das ändern: der Zagreber Regisseur Vinko Brešan führt mit seinem fünften Spielfilm den selbstironischen Ansatz seiner früheren Arbeiten mit herbem, treffsicherem Balkan-Humor fort. Mit erfrischender Respektlosigkeit nimmt Brešan in seiner Geschichte über einen Pfarrer, der zusammen mit einem nationalistischen Drogisten die darniederliegende Geburtenrate auf seiner Adria-Insel hochtreibt, indem er heimlich Löcher in die zum Verkauf kommenden Kondome bohrt, die kroatische Gesellschaft aufs Korn.

Ausgehend vom zentralen Männerwitz-Motiv, entwickelt sich „Gott verhüte“ zum absurden Gesellschaftspanorama, in dem fremdenfeindliche Kriegsveteranen, karrieresüchtige Pfarrer und kleingeistige Dörfler dem Demokratiegedanken Gute Nacht sagen. Souverän mischt Brešan die spitze Situationskomik und treffsicheren Wortwitz, mit der er 2003 im Berlinale-Forum mit seiner Komödie „Marschall“ reüssierte, mit dem ernsthaften Mitteilungswillen seines Berlinale-Wettbewerbsbeitrags „Witnesses“ (2003). Ähnlich wie die vom Humor her vergleichbare serbische Homophobie-Satire „Parada“, die 2013 zum internationalen Überraschungserfolg wurde, gehört „Gott verhüte“ zu den wenigen gelungenen Genre-Mischungen aus Commedia dell‘Arte und Autorenfilm.

Der Regisseur spöttelt gegen Klerus und nationalistische Engstirnigkeit

Damit findet Brešan zu seinen Ursprüngen zurück, 1996 brachte er mit „Wie der Krieg auf meine Insel kam“ den ersten Film heraus, der sich selbstironisch mit dem Weg seines Landes in die Eigenstaatlichkeit befasst. Das heimische Publikum quittiert Brešans Spötteleien gegen Klerus und nationalistische Engstirnigkeit damals wie heute mit Zuspruch. „Gott behüte“ wurde, im Gegensatz zu der kontrovers diskutierten Theatervorlage von Mate Matišić, auf Anhieb zum Publikumshit und gilt heute als der drittgrößte Box-Office-Erfolg seit der Unabhängigkeit.

Dazu dürfte das authentische Lokalkolorit und der Respekt vor den Protagonisten beigetragen haben. Ohne die inneren Konflikte der exemplarisch gemeinten Mittelmeergemeinschaft glattzubügeln, inszeniert Brešan, der selber an der Adria-Küste aufgewachsen ist, den rauen Charme der kleinen Händler und rustikalen Provinzfürsten mit liebevollem Augenzwinkern. Brešans unvollkommene Helden mögen eigennützig und extrem konservativ sein – zu Feinden des Zuschauers stigmatisiert er sie nicht. So entwickelt sich denn „Gott verhüte“ zu einer pittoresken Mentalitätsstudie.

Einschließlich der balkan-typischen Emotionsschwankungen zwischen Folklore und Tragödie. Brešan hat seine hochsommerlich-leicht inszenierte Komödie am tragischen Schicksal eines Mädchens gebrochen, das einem pädophilen Kirchenoberen zum Opfer gefallen ist. Womit das Adria-Märchen geschickt auf den Boden des Alltags zurückfindet und der Filmgeschichte zeigt, dass Burleske und Arthauskino eine Symbiose eingehen können. Gutes Unterhaltungskino mit Verstand.

+++++ „Gott verhüte“ Kroatien/Serbien 2013, 93 Min., ab 12 J., R: Vinko Brešan, D: Kreimir Miki, Nika Butijer, täglich im Zeise; www.gottverhuete.de