Reinbek. Schon die ersten Takte sind eine kleine Sensation: Scharf angerissene Pizzicati, bei denen fast die Saite reißt. Kantige Akzente. Klopfgeräusche auf dem Korpus der Instrumente. Und das alles in einem schräg groovenden Rhythmus, der die Hörersynapsen glühen lässt. Ganz groß.

„Meine Vorstellung war: Die vier Streicher sind ein Schlaginstrument“, sagt Bernd Richard Deutsch über den Beginn seines zweiten Streichquartetts. Eine von vielen genialen und brillant umgesetzten Ideen des 37-jährigen Österreichers, der jetzt beim Festkonzert im Reinbeker Schloss den Hindemith-Preis bekommen hat. Die mit 20.000 Euro dotierte, international renommierte Auszeichnung wird einmal pro Jahr im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals an Komponisten der jüngeren Generation vergeben – und hat diesmal einen besonders würdigen Preisträger gefunden. Denn Deutsch ist eine Entdeckung. Selbst für einen Neue-Musik-Experten wie den Kritiker Gerhard R. Koch von der „FAZ“, der in seiner Laudatio freimütig einräumte, dass der Komponist ihm bisher kein rechter Begriff gewesen sei.

Mit einer packenden Aufführung des zweiten Streichquartetts gab das Hamburger Nathan Quartett einen Einblick in die ganz eigene Klangwelt des sympathischen Wahl-Wieners Deutsch. Seine Musik erfüllt komplexe Strukturen mit einem Höchstmaß an Energie: Wenn da Tremoli und hektische Glissandi in einer virtuosen Hatz durch verschiedene Erregungsgrade jagen, klingt das wie unter Starkstrom komponiert. Gegen die mitreißende Ereignisdichte in der Musik von Bernd Richard Deutsch wirkten die Werke des Altmeisters Paul Hindemith etwas, tja, altmeisterlich. Aber das änderte nichts am stimmigen Gesamteindruck des Abends, zu dessen Atmosphäre auch der neue SHMF-Intendant Christian Kuhnt als angenehm entspannter Gastgeber seinen Teil beitrug.