Mit dem Artville beginnt am Sonnabend das Kunstprogramm des Dockville-Festivals

Das Artville, wie das Kunstprogramm des Dockville-Festivals seit diesem Jahr heißt, setzt stark auf die Verknüpfung von Open-Air-Kultur und Kunst. Und was liegt da näher, als direkt jenes Material zu verwenden, das die Industriebrache in Wilhelmsburg reichlich hat: die Natur. Das Hamburger Künstlerduo Carolïn und Philipp Goldstein, das sich Zonenkinder nennt, erweckt mit „The Tree Project“ Baumreste zum Leben. Mit Pinsel, Naturfarben, Modelliermasse und diversen Accessoires sorgt es dafür, dass sich Pflanzen- und Menschenwelt annähern. Die Besucher des Dockville-Geländes sollen so zu einem neuen Blick auf ihre Umwelt inspiriert werden. Ein Vorhaben, das für das gesamte Artville gilt. Denn wenn die Grünfläche am Reiherstieg-Hauptdeich bereits vor dem großen Pop-Festival (15.–17.8.) vier Wochen lang mit Installationen, Performances und Musik bespielt wird, dann steht unter anderem die Frage im (Freiluft-)Raum: Wie wollen wir leben?

Jakobus Durstewitz errichtet aus Seecontainern ein großes Stadttor

An vier Vernissage-Wochenenden können die Gäste erleben, wie das Open-Air-Dorf Artville wächst. 19 Künstler und Kollektive, die größtenteils aus Deutschland und Südamerika stammen, wirken im Spannungsfeld von Streetart, Avantgarde und Pop.

Das eröffnende Richtfest an diesem Sonnabend hält neben Live- und DJ-Sets, unter anderem von Akaak und Paul Gregor, bereits zahlreiche Kunstwerke und -aktionen parat. Das Hamburger Kollektiv Krautzungen, das sich zwischen allen Genres am Wohlsten fühlt, befasst sich in diesem Jahr mit Homers „Odyssee“. Die Artville-Gäste laden sie dazu ein, Collagen aus Bild, Sound und Text zu erstellen. Der künstlerische Produktionsprozess soll bewusst in eine Irrfahrt münden. Denn ohne Irritation kein Erkenntnisgewinn.

Ein Querdenker par excellence ist auch der Hamburger Jakobus Durstewitz. Dockville-Pioniere erinnern sich enthusiastisch an sein verschachteltes, kunterbuntes Westerndorf, das Ende der Nuller-Jahre vis-à-vis zum Rethespeicher stand. Auf der Artville-Webseite wird Durstewitz als Musiker, Angler und Maler eingeführt. Was auf eine gewisse Gelassenheit schließen lässt. Keine schlechte Eigenschaft, um eines der Hauptgebäude des Artville zu errichten. Aus 40-Fuß-Seecontainern und Theaterkulissen fertigt er seine Arbeit „¥€$, we can-can“: ein rotes Stadttor, dessen Brüstung Acts wie dem Bürgermeister der Nacht als Bühne dienen soll.

Auf den drei Türmen der Konstruktion thronen die Symbole der großen Weltwährungen als Windspiel und Wetterfahne. In den Containern wiederum gestaltet die Weimarer Gruppe $¥€ einen Forschungssalon im Kolonialstil. Wie gehabt ist also das Kunstprogramm des Dockville für Überraschungen gut. Und auch der Tanz gehört zum ästhetischen Genuss dazu. Neben etablierten Veranstaltungen wie dem Vogelball (2.8.) kommen neue Formate hinzu, etwa sonntägliche Raves, „Sonnenfeste“ genannt (20.7., 27.7.). Schließlich lässt sich auch feiernd die Natur erkunden.

MS Artville Sa 19.7. (Richtfest: ab 14.00; Eintritt: 4,-) bis Sa 9.8., Dockville-Gelände (Bus 13 bis Groß Sand), Alte Schleuse 23; http:msdockville.de/kunst