Die Kinderbuchverfilmung „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ist warmherzig, spannend und großartig besetzt

Dass Kinder, im Gegensatz zu früher, nicht einfach so nebenbei aufwachsen, zeigt sich daran, dass seit Jahren immer mehr hochbegabte Kinder gesichtet werden. Wenn die Eltern schon viel Zeit in das Kind investieren, dann soll eben auch etwas Außergewöhnliches dabei herauskommen.

Dass aber enzyklopädisches Wissen auch eine Behinderung hervortreiben kann, davon wollen die meisten Eltern nichts wissen. Der „tiefbegabte“ Rico jedoch aus der „Dieffe 93“ in Berlin-Kreuzberg ist klüger. Er sieht bei seinem neuen Freund Oskar ganz genau hin: Bei solch „Hochbegabten“ ist nämlich „die Laune immer im Keller“.

Rico ist in seiner Würde einfach bestechend. Er erzählt freimütig davon, dass es in seinem Kopf manchmal drunter und drüber geht. Wie in einer Bingotrommel kullern seine Gedanken wüst durcheinander und plötzlich fällt einer raus. Seine alleinerziehende Mutter kümmert sich liebevoll um ihn, auch wenn sie den Sohn zuweilen ein klein wenig egoistisch seinem Schicksal überlässt. Doch da gibt es ja noch die nette, ein wenig schrille ältere Frau Dahling, mit der er schöne Abende vor dem Fernseher verbringt. Und womöglich ist der frisch eingezogene Herr Westbühl ein Vater in spe? Eigentlich könnte das Leben wunderbar sein. Doch was ihm zu seinem Glück fehlt, ist ein Freund. Doch eines Tages steht dieser komische, behelmte Oskar vor ihm ...

Neele Leana Vollmars Film trifft den Ton von Andreas Steinhöfels Bestseller, der zugleich Freundschaftsgeschichte und Berlin-Kinderkrimi ist. So hat Roman wie Film mit den Figuren aus der Kreuzberger Dieffenbachstraße ein wunderbares, kleines Soziotop von Berliner Typen erschaffen, und die Regisseurin hat sie großartig besetzt. Natürlich sind vor allem die beiden Kinderdarsteller Anton Petzold als Rico und Juri Winkler als Oskar zu loben. Der Film versteht es durch seine liebevolle Ausstattung und mit seinem Tick ins Überzeichnete, durch Stop-Motion, Blendeneffekte und gelungene Animationen die Wahrnehmung dieses klugen, lebensfrohen „Tiefbegabten“, seine Lebenswelt plastisch zu machen. Ein herrlicher Film voller Kurzweil und Witz, der berührt, unterhält und spannend ist!

++++- „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ Deutschland 2014, 96 Min., o. A., R: Neele Leana Vollmar, D: Anton Petzold, Juri Winkler, Karoline Herfurth, täglich im Abaton, Cinemaxx Dammtor, Harburg, Wandsbek, Elbe, UCI Mundsburg, Othmarschen, Wandsbek, Zeise