„Die große Versuchung“ ist eine harmlose Komödie mit sehr seichter Story

Tickle Head ist ein kleiner Küstenort, der schon deutlich bessere Zeiten gesehen hat. Damals waren die Menschen noch stolz auf ihre Heimat und ihr Leben. Die Fischer arbeiteten 14 Stunden am Tag, es war hart und anstrengend. Aber das Arbeiten lohnte sich für die Männer. Denn sie schufteten für ihre zig Kinder zu Hause und für ihre Ehefrauen, die ihnen stets brav alle sexuellen Bedürfnisse erfüllten. Allabendlich wurde hinter den Schlafzimmerfenstern von Tickle Head leise, laut und mitunter geradezu ekstatisch gestöhnt. Wie gesagt, es waren die guten alten Zeiten.

Die Gegenwart sieht hingegen schrecklich trostlos aus. Die einst stolzen Männer sind nämlich die armen Tröpfe, die jetzt vor dem Postamt Schlange stehen: Das ganze Fischerdorf lebt von Sozialhilfe. Und das droht natürlich auch die Geschlechterrollen in Tickle Head ordentlich durchzurütteln. Selbst die Frau von Ortsvorsteher Murray will in die Stadt ziehen, um dort einen Job anzunehmen. Wenn aber die Frau auf einmal die ganze Arbeit macht und der Mann dann kein Mann mehr ist, sondern ein fauler Sack, dann hat das Konsequenzen für die Ehe. In der Dorfkneipe wird Murray deswegen von seinem besten Freund gewarnt: Er wird bald den Haushalt führen müssen, er wird putzen, und im Bett wird die Gattin zum Boss.

Die Ausgangslage dieser seichten Komödie von Regisseur Don McKellar ist also – wenn man so richtig aus der Welt von vor-vor-vorgestern kommt – dramatisch. Zum Glück erkennt Ortsvorsteher Murray, gespielt von Brendan Gleeson, den Ernst der Lage.

Nebenbei kommen natürlich auch die großen Lebensfragen vor: Was brauche ich wirklich, um glücklich zu sein? Ist das langsamere Leben auf dem platten Land nicht viel schöner als die Hektik in der Stadt? Insgesamt wirkt dieser Film schrecklich gestelzt. Die Handlung ist vorhersehbar, die Schauspielkunst bewegt sich auf mittelmäßigem Niveau.

Trotzdem kann man über dieses Remake von „Die große Verführung“, der Film lief 2003 in den Kinos, nicht richtig böse sein. Immer kurz bevor die Durchschnittlichkeit so richtig anfängt zu nerven, kommt ein netter, kleiner und vollkommen harmloser Gag um die Ecke, und man verzeiht. Dass man mit diesem Film überhaupt Spaß haben kann, setzt natürlich voraus, sein Hirn nicht mit dem Grundkonstrukt der Geschichte zu belasten, dass nämlich eine Fabrik für petrochemische Abfälle die Rettung bringt.

++--- „Die große Versuchung – Lügen, bis der Arzt kommt“ Kanada 2013, 113 Min., o. A., R: Don McKellar, D: Brendan Gleeson, Taylor Kitsch, täglich im Holi; www.die-grosse-versuchung.de