„Beste Chance“ ist der vorläufige Abschluss der Heimat-Trilogie von Regisseur Marcus H. Rosenmüller

Marcus H. Rosenmüller dreht Filme, als handle es sich um Akkordarbeit: 2007, da war seit dem Kinostart seines zum Überraschungshit gewordenen Debütfilms „Wer früher stirbt, ist länger tot“ noch kein halbes Jahr vergangen, kam seine Bobfahrerkomödie „Schwere Jungs“ ins Kino. Wieder kaum sechs Monate später brachte er „Beste Zeit“ heraus, schon damals als erster Teil einer Trilogie über zwei Freundinnen angekündigt. Dass „Beste Zeit“ wie „Wer früher stirbt, ist länger tot“ auf dem bayerischen Land spielte, dass die Figuren bayerisch gefärbtes Deutsch sprachen und so manche Szene ein bisschen auf Volkstheater-Slapstick aufbaute – das alles führte dazu, dass Rosenmüller bald das Etikett des „neuen Heimatfilmers“ angehängt bekam.

In „Beste Zeit“ von 2007 gingen die beiden Freundinnen Kati (Anna Maria Sturm) und Jo (Rosalie Thomass) noch zur Schule, in „Beste Gegend“ von 2008 mussten sie sich mit all den schwierigen Lebensentscheidungen der Abiturszeit rumschlagen. „Beste Chance“ nun setzt damit ein, dass Kati für ihr Abschlussexamen im Architekturstudium büffeln muss.

Doch dann ruft Jo aus Indien an und hinterlässt auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht, die Kati in Alarm versetzt. So weiß der Zuschauer gleich: Obwohl die beiden besten Freundinnen von einst sich offenbar auseinandergelebt haben, gibt es da noch eine höchst sensible Verbindung. Ein „komischer“ Tonfall in der Stimme der einen reicht aus, um die andere dazu zu bewegen, alles sausen zu lassen, um zu Hilfe zu eilen. Und sei es in irgendeinen Ashram in Indien.

Bewegung wird zum Hauptmotiv des Films. Kati fährt zunächst ins heimatliche Tandern, wo sie die alten Freunde für die „Jo-Rettungs-Aktion“ zusammentrommeln will. Doch die haben sich überraschend fest in der Provinz eingerichtet: Rocky (Ferdinand Schmidt-Modrow), einst in Kati verliebt, steht kurz vor der Hochzeit mit einer anderen. Toni (Volker Bruch), der damals hinter Jo her war, ist ebenfalls in festen Händen. Und Katis frühere große Liebe Mike (Florian Brückner) hat es im örtlichen Krankenhaus zum Stationsarzt gebracht. Kati reist alleine los.

Auch „Beste Chance“ zeichnet sich durch die Entspanntheit aus, mit der Rosenmüller selbst abgegriffene Situationsvorlagen nutzt und sie dank seiner kraftvollen Figuren mit neuem Leben füllt. Das gilt besonders für die beiden sich sorgenden Väter, die in Indien das Schicksal von Durchfall und Diebereien irgendwann bis auf die Unterhosen entblößt, verirrt und am Ende ihrer Kräfte ein gemeinsames „Omm“ anstimmen lässt.

Auch wenn manche Wendung klamottig erscheint, so wird Rosenmüller doch nie klischeehaft. Karin Michalkes Drehbuch merkt man gerade im Mut zum Ambivalenten und Ungenauen an, dass echte Erfahrungen eingeflossen sind. So herrlich eigensinnige, zugleich bodenständige und hoch hinauswollende Frauenfiguren wie Kati und Jo gibt es im deutschen Kino viel zu wenig. Rosenmüller hat schon angedeutet, dass er der Trilogie gern noch weitere Filme folgen lassen würde.

++++- „Beste Chance“ D 2014, 102 Min., o. A., R: Marcus H. Rosenmüller, D: Anna Maria Sturm, Rosalie Thomass, Volker Bruch, täglich im Studio-Kino; www.bestechance-film.de