Damon Albarn führt sein wunderbar intimes Album „Everyday Robots“ auf

Sparsam schlurft die Gitarre vor sich hin. Das Klavier verströmt sanftes Pathos. Ab und an wimmert eine Geige. Damon Albarns „Everyday Robots“ widmet sich kulturkritisch den Grenzen von Mensch und Maschine, der Entfremdung des Menschen von der Technik, der Handymanie. Spät kam Albarn als Debütant aus der Deckung. Mit einem erstaunlich erwachsenen Album, das er am 1. Juli live in der Großen Freiheit präsentiert.

Das klingt immer noch schön und ach so melancholisch. „We are everyday robots on our phones/in the process of getting home“, singt Albarn auf seinem lang erwarteten großen und dabei doch ganz zarten Wurf. Sein Schöpfer, bekannt als Sänger und Vordenker der auf Eis gelegten Britpop-Vorreiter Blur, prägte schon Mitte der 1990er-Jahre mit abwechslungsreichen Melodien und intelligenten Texten die Popszene. Der Sohn eines Kunsthochschuldirektors und einer Kostümbildnerin forschte nach dem Besonderen. Eine coole Sau im Rockzirkus wie die Gallagher-Brüder der konkurrierenden Oasis war Albarn nie und wollte er auch nie sein.

Deshalb ist nichts an seinem Werdegang folgerichtig und doch ergibt alles einen Sinn. Mit Blur schrieb er Millionenhits, mit der virtuellen Band Gorillaz hat er ein paar tolle genresprengende Alben eingespielt und nebenbei der Soul-Legende Bobby Womack zurück ins Rampenlicht verholfen. Mit der Allstar-Band The Good, The Bad And The Queen ein schönes Retro-Rockwerk fabriziert, außerdem diverse Soundtracks und sogar eine Oper kreiert. Nebenbei bereiste er Afrika. Sein Blur-Bandkollege Graham Coxon, mit dem er sich auch mal ordentlich zerstritt, rühmt seine Fähigkeit, Dinge mit purer Willenskraft zu bewegen. Mit Heroin aufzuhören. Trinken, wann und wie viel man wirklich will.

Nach all den Kollaborationen ist Damon Albarn nun allein mit sich und seinen Geräten. Das Album ist auch eine Reise zu seinen Wurzeln. Zurück in den Stadtteil Leytonstone, einem multikulturellen Schmelztiegel, in dem er zur Schule ging. Deshalb taucht der Gospelchor einer Pfingstkirche im fröhlichsten Stück „Mr. Tembo“, einer Fantasie über einen Elefanten mit Ukulele auf. Häufig mischt sich Wehmut in diese Rückschau des 46-Jährigen, ob in „Hollow Ponds“ oder dem eigenwilligen „Photographs (You are taking now)“. Hier nutzt er wie häufig „Field Recordings“, also Geräusche von Zügen, Schulhöfen oder Sprachfetzen.

Die Texte durchziehen allerlei unbekannte Flugobjekte. Da fallen defekte Satelliten vom Himmel, Luftschiffe sinken nieder. Am Ende scheint es, als sitze man mit Albarn vor einem gigantischen Schrottberg. Bevor einen das hymnische „Heavy Seas of Love“ dann doch wieder in die Gefilde der Liebe und zurück ins Leben schaufelt. Da ist Albarn wieder ganz beim Pop. Ein Glück.

Damon Albarn Di 1.7., 20.00, Große Freiheit (S Reeperbahn), Große Freiheit 36, Karten zu 33,- im Vvk.; www.damonalbarnmusic.com